Teheran. Der Iran hat nach eigenen Angaben die letzte Etappe vor der Inbetriebnahme seines Atomkraftwerks in Bushehr eingeleitet. Er hoffe, dass der produzierte Strom in "einem oder zwei Monaten" in das Versorgungsnetz eingespeist werden könne, sagte der Chef der iranischen Atomenergiebehörde, Ali Akbar Salehi, der Nachrichtenagentur Fars.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 14 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Die Ankündigung geht der geplanten Wiederaufnahme der Atomstreit-Gespräche voraus.
"Ohne Propaganda und ohne viel Aufhebens" sei der Reaktorkern mit allen Brennstäben bestückt und der Reaktor geschlossen worden, sagte Salehi. "Wir warten jetzt darauf, dass sich das Wasser im Inneren des Reaktors Schritt für Schritt erhitzt." Wann genau die Vorbereitungen zur Inbetriebnahme des Reaktors getroffen wurden, teilte Salehi nicht mit.
Der Iran hatte nach mehrmonatigen Verzögerungen im Oktober begonnen, das mit russischer Hilfe gebaute Kraftwerk mit Brennstäben zu bestücken. Salehi hatte die Verzögerungen zuvor mit schlechten Wetterbedingungen und "extremer Hitze" in Bushehr begründet. Anfang Oktober nannte er ein Leck in der Nähe des Reaktors als Grund für die verzögerte Inbetriebnahme. Einen Zusammenhang mit dem Computervirus Stuxnet wies Salehi zuletzt erneut zurück. Der Virus hatte es anscheinend besonders auf iranische Nuklearanlagen abgesehen.
Die jüngste Ankündigung des Iran, das Atomkraftwerk bald in Betrieb nehmen zu können, geht der geplanten Wiederaufnahme der internationalen Gespräche im Atomstreit mit Teheran voraus, die seit mehr als einem Jahr auf Eis liegen. Die fünf ständigen Mitglieder des UNO-Sicherheitsrates und Deutschland sollen am 5. Dezember zu neuen Gesprächen mit dem Iran in Genf zusammenkommen. EU-Außenministerin Catherine Ashton hatte diese Woche gesagt, der Iran habe das Treffen "indirekt zugesagt", sie erwarte jedoch eine offizielle Bestätigung. Während die Weltmächte die umstrittene Urananreicherung des Iran thematisieren wollen, fordert der Iran eine breitere Diskussion, die die regionale Sicherheit miteinbezieht.
Der Westen sieht das Projekt in Bushehr mit großer Skepsis. Während Teheran angibt, die Kernkraft allein zur Stromgewinnung einzusetzen, verdächtigen die USA und ihre Verbündeten den Iran, heimlich nach Atomwaffen zu streben. Nach mehreren UNO-Sanktionen gegen den Iran erließen die Vereinten Nationen im Juni erneut eine Resolution, die die Sanktionen gegen das Land wegen seiner Weigerung, die Urananreicherung zu stoppen, verschärfte.
Deutschland hatte 1975 mit dem Bau der Anlage in Bushehr begonnen, nachdem der damalige Shah den deutschen Siemens-Konzern damit beauftragt hatte. Mit der Islamischen Revolution 1979 und dem Krieg zwischen dem Iran und dem Irak (1980 bis 1988) verfolgte Teheran das Projekt jedoch vorerst nicht weiter. In der Folge gestaltete sich die Suche nach Partnern für das vom Westen misstrauisch beäugte Land schwierig, die Deutschen lehnten ab. Schließlich erklärte sich Russland 1995 bereit, die Anlage fertigzustellen. Gemäß Vertrag soll Russland den nuklearen Brennstoff für die Anlage liefern und der Iran das gebrauchte Material nach Russland zurückschicken.