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Iran-Wahl von Einschüchterung und Restriktionen überschattet

Von Arian Faal

Politik

Hardliner verlangsamten rund um Präsidentschaftswahl das Internet und verstärkten Kontrollen. Ergebnisse werden am Wochenende erwartet.


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Teheran/Wien. Schon in der Früh bildeten sich am Freitag lange Schlangen vor den Wahllokalen im Iran. Unter strengen Sicherheitsvorkehrungen konnten sich die Wähler bei der 12. iranischen Präsidentschaftswahl zwischen dem moderaten Amtsinhaber Hassan Rohani (68) und seinem erzkonservativen Rivalen Ebrahim Raisi (56) entscheiden.

Die Stimmung war sehr angeheizt. "Die Ultrakonservativen fürchten um ihre Macht. Ich hoffe, dass da nicht wie 2009 manipuliert wird. Wenn ich mir die Wut im Gesicht einiger jungen Menschen über die Hardliner ansehe, dann wäre alles andere als ein Sieg Rohanis eine Farce", erklärte der Taxifahrer Esmail Jalali im telefonischen Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Er befürchtet Ausschreitungen, wenn Rohani nicht wiedergewählt wird. "Die Leute sind nicht dumm und haben ihre Lehren aus dem Wahlgang 2009 gezogen, wo sie uns Ahmadinejads Wiederwahl verkauft haben", ergänzt er. "Dann gehen wir auf die Straße und holen uns unser Recht", sagte er. Einfach wird es für die Reformer nicht, das weiß auch Hassan Rohani. "Nehmt ihnen das staatliche Fernsehen weg", so sein Seitenhieb auf die Hardliner. Letztere ließen nichts unversucht, die euphorische Stimmung für Rohani am Wahltag zu bremsen: Sämtliche staatliche Fernsehstationen konzentrierten sich in ihrer Berichterstattung hauptsächlich auf ihren Kandidaten Raisi.

Bild von Raisi angezündet

Die Zensurbehörde drosselte - wie schon so oft in der Vergangenheit - die Geschwindigkeit des Internets, um der überwiegend jungen Wählerschaft Rohanis die Kommunikation in den Sozialen Medien zu erschweren. Der Zensur- und Polizeiapparat errichtete an allen großen Verkehrsknotenpunkten der Millionenmetropolen Straßensperren und beobachtete akribisch, ob Sittenregeln missachtet wurden. Im Internet kursieren Bilder, auf denen zu sehen ist, wie sich junge Menschen in Teheran für diese Wahlrestriktionen "revanchierten", indem sie ein Bild von Raisi anzündeten und schreien: "Rohani wir stehen an deiner Seite".

Dennoch ist Rohani nicht der ideale Kandidat für die Perser. Er hat viele seiner Wahlversprechen, etwa die Verbesserung der Menschenrechte und der Alltagssituation, nicht halten können. "Es gilt offenbar die Devise, dass grau besser als schwarz ist", unterstreicht die Medizinstudentin Afsaneh Lahiji. "Oder sollen wir mit Raisi wieder einen neuen Ahmadinejad bekommen und von der Welt ins Abseits gestellt werden?", fragt sie zynisch. "Ich weiß, dass viele Rohani-Anhänger in den vergangenen Stunden großen Ärger mit der Polizei und den Bassijmilizen hatten, weil sie auf Autos getanzt und sich offen gegen die Hardliner positioniert haben, doch dieser Widerstand macht uns aus."

"Die Zeiten, in denen sich die Jugend im Iran unterdrücken lässt, sind endgültig vorbei und wir haben eine Waffe, die viel stärker ist, als alle Knüppel der Hardliner: Wir sind viele", meint sie in Anspielung auf die Tatsache, dass mehr als die Hälfte der 83 Millionen Iraner unter 36 Jahre alt sind.

Besonders ausschlaggebend für das Ergebnis wird die Wahlbeteiligung sein. "Viele Leute wählen nur, um Raisi und einen Rückfall des Iran ins Mittelalter zu verhindern", sagt Lahiji. Für den Fall, dass Letzterer gewinnt, dann würden die Polizeischikanen wie am Wahltag wieder Alltag werden - "das gilt es um jeden Preis zu verhindern".

Öffnung oder Widerstand?

Erste Ergebnisse wurden frühestens am Wochenende erwartet. Rohani will seine Politik der Öffnung und Entspannung fortsetzen, Raisi präsentierte sich als Verteidiger der Armen und Arbeitslosen und warb für eine "Widerstandswirtschaft" und eine "Diplomatie der Stärke". Die 56,4 Millionen Wahlberechtigten waren auch aufgerufen, die Stadt- und Gemeinderäte zu bestimmen, wobei die Reformer hoffen, die Erzkonservativen in den großen Städten Teheran, Mashad und Isfahan abzulösen.

Die Ergebnisse der Wahl

finden Sie im Internet unter: www.wienerzeitung.at/iran2017