Die iranische Regierung hat die USA gestern eindringlich vor einer Militäraktion gegen ihr Land gewarnt. An die von einem US-Magazin kolportierte Spionageoffensive Washingtons glaubt sie nicht. Vertreter der EU-3, die mit der islamischen Republik über eine friedliche Lösung im Atomstreit verhandeln, bestehen auf der Beibehaltung des diplomatischen Wegs.
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In Europa herrscht Beklommenheit, der Iran demonstriert nach den jüngsten US-Drohgebärden Wehrhaftigkeit. Man werde auf "unkluge Schritte der USA im Iran entschieden" reagieren, erklärte gestern Hamid-Reza Assefi vom iranischen Außenministerium. Den Bericht des "New Yorker", wonach US-Geheimkommandos seit Monaten potentielle Angriffsziele in Land ausspähen, bezweifelt Teheran. "US-Kommandos können nicht so einfach in den Iran kommen, um zu spionieren; das wäre ein bisschen zu leicht," sagte der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates, Ali Agha Mohammadi.
"Vorposten der Tyrannei"
Auch die designierte US-Außenministerin Condoleeza Rice dementierte bei ihrer Anhörung vor dem Senat am Dienstag den Spionagefeldzug gegen den Iran und Pläne für einen Militärschlag. Aber sie brandmarkte das islamische Land neben Myanmar, Kuba, Nordkorea, Simbabwe und Weißrussland als "Vorposten der Tyrannei" in der Welt. Präsident George W. Bush hatte in einem Fernsehinterview einen Krieg gegen den Iran nicht ausgeschlossen, falls Teheran im Streit um sein Atomprogramm nicht kooperiere.
Washington verdächtigt den Iran, mit dem Programm verdeckte militärische Zwecke zu verfolgen. Teheran dagegen behauptet, es diene lediglich der Energiegewinnung zu friedlichen Zwecken. Dass die USA in letzter Konsequenz einen Krieg als Lösungsansatz für den seit Jahren schwelenden Streit nicht ausschließen, ist nicht neu. So explizit wie Bush es nun tat, wurde es bloß zuvor nie ausgesprochen.
Europäer alarmiert
Entsprechend alarmiert waren die Europäer, die Teheran erst im Dezember den vorläufigen Verzicht auf die Urananreicherung abgerungen hatten. Nur auf diplomatischem Weg könne der Streit beendet werden, beharrte der britische Außenminister Jack Straw in der "Financial Times" auf der Strategie, die der traditionell engste US-Verbündete Großbritannien gemeinsam mit Frankreich und Deutschland verfolgt. Dem schloss sich sein deutscher Kollege Joschka Fischer an.
Unbestritten ist allerdings, dass der Iran ein schwieriger Partner ist. Bereits wiederholt wurden internationale Kontrollore bei ihrer Arbeit behindert, und Teheran wird nicht müde zu versichern, das es grundsätzlich an der Urananreicherung festhalten will.
Nicht verstummen wollen daher Gerüchte, dass die US-Spionageaktion von Washington lanciert worden sein könnte, um auf Teheran Druck auszuüben. In Militäraktionen - von Luftangriffen bis zu einer Invasion des Iran - sehen US-Militärexperten in einer Analyse des Magazins "Atlantic Monthly" nämlich keine Chance für eine dauerhafte Lösung des Problems. Ganz zu schweigen von den gewaltigen politischen Risken im Nahen Osten und besonders der Sicherheit Israels, wie es in der jüngsten Ausgabe der "Internationalen Politik" heißt. Die Zeit aber drängt. Denn der Konsens der Sicherheitsexperten sei es, "dass der Iran in drei Jahren die Schwelle zur Produktion von Nuklearwaffen überschreiten könnte".