Inflation erreicht mit fast 30 Prozent Rekordwert. | Früherer Atom- unterhändler Rowhani übt Kritik. | Teheran/Paris. In Teheran haben die jüngsten Zahlen zur Wirtschaftsentwicklung Anlass zu neuer Kritik an Präsident Mahmoud Ahmadinejads Regierungsstil gegeben. Nach der Schelte von Revolutionsführer Ali Khamenei (die "Wiener Zeitung" berichtete) melden sich nun auch die Reformer zu Wort und verweisen auf einen Bericht der Zentralbank, aus dem hervorgeht, dass die Inflation 27,6 Prozent beträgt und allein im vergangenen Monat um 1,8 Prozent zugenommen hat.
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Der frühere Atomunterhändler und mögliche Präsidentschaftskandidat Hassan Rowhani wurde ungewöhnlich deutlich: "Wenn ich einmal höflich annehme, die Teuerung betrage nur 20 Prozent, so ist dies immer noch ein krasser Widerspruch zu Ahmadinejads Wahlversprechen, er werde die Inflation auf einstellige Werte hinunterdrücken", so der Diplomat. "Ist in den letzten drei Jahren irgendein Großprojekt im Iran oder ein entscheidendes Unternehmen fertig gestellt worden, mit Ausnahme der Einfuhr von Orangen, Äpfeln, Trauben und Bananen?" Der renommierte Politiker warf Ahmadinejad vor, auf erfahrene Fachleute zu verzichten - was sich in der Abschaffung der ganzen Planungsbehörde ausdrücke.
Statt Privatwirtschaft Rück-Verstaatlichung
Schließlich bemängelte Rowhani das Gesetz über die Zulässigkeit von Privatwirtschaft in der Islamischen Republik, welches der Revolutionsführer verabschiedet hat. Dieses setzte einer jahrzehntealten Debatte ein Ende und hätte die Gelegenheit zur Einführung einer "humanen Wirtschaft" und eines leistungsfähigen Privatsektors in der durch Ineffizienz geplagten Staatswirtschaft geboten. Doch, so Rowhani ironisch, die Regierung habe Teile des öffentlichen Sektors in quasistaatliche verwandelt und wieder zurückverstaatlicht - ein Beispiel für Leerlauf. Auch gemäßigt konservative Politiker schließen sich der Kritik an, was als Vorzeichen für den Präsidentschaftswahlkampf für die Wahlen 2009 gedeutet wird. Mehrere Politiker im iranischen Parlament befanden, Ahmadinejad habe es nicht geschafft, aus den "Schwierigkeiten des Feindes, der Administration Bush" in den USA, strategische Vorteile für den Iran zu erarbeiten.