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Iranische Härte

Von Saba Farzan und Benjamin Weinthal

Gastkommentare
Saba Farzan ist iranisch-deutsche Publizistin und leitet der Strategie-Denkfabrik Foreign Policy Circle. Benjamin Weinthal ist wissenschaftlicher Mitarbeiter der Foundation for Defense of Democracies, und Europa-Korrespondent der "Jerusalem Post".

Ein Atomdeal würde den Iran in die Salonfähigkeit bringen, doch auch unter Präsident Hassan Rohani ist die Menschenrechtslage fatal.


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Als die Atomverhandlungen verlängert wurden, sprachen iranische Vertreter davon, dass es für sie keine Deadline gibt. Sie meinten damit nicht nur die Frist der Diplomatie. Für das Regime existiert auch in anderer Hinsicht keine Deadline: bei den gravierenden Menschenrechtsverletzungen. 2015 ist schon wieder ein trauriges Rekordjahr: 688 Menschen wurden bereits hingerichtet, 132 davon allein im Juni. Während die iranische Führung soziale Netzwerke wie Twitter für ihre Propaganda ausnutzt und damit die Meinungsfreiheit ad absurdum führt, bleiben diese Kommunikationswege für die iranische Zivilgesellschaft offiziell verschlossen.

Sie müssen Filterbrecher benutzen, um Zugang zu Twitter und anderen Plattformen zu erhalten. Außenminister Javad Zarif behauptete noch im April: "Wir verhaften Menschen nicht wegen ihrer Meinungen." Der Alltag in den iranischen Gefängnissen spricht eine andere Sprache.

Die Repression gegen Frauen treibt die Menschenverachtung in besonderem Maße auf die Spitze. Gegen Atena Daemi, eine junge und couragierte Aktivistin für Kinder- und Bürgerrechte, wurde ein besonders hartes Urteil verhängt. Sie soll für ihre freie Meinungsäußerung und ihr Engagement 14 Jahre im Gefängnis sitzen. Daemi ist gerade einmal 27 Jahre alt, sie leidet bereits unter Bluthochdruck und benötigt dringend medizinische Hilfe - all das verursacht durch die Qual der Haft im Evin-Gefängnis.

Auch die Verfolgung der Homosexuellen unter dem angeblich moderaten Präsident Hassan Rohani reißt nicht ab. Das Vorgehen des Regimes ist identisch mit der mörderischen Homophobie von Rohanis Vorgänger Mahmoud Ahmadinejad. Der Iran bestraft Homosexuelle mit der Peitsche oder sogar mit der Todesstrafe.

Nachdem der iranische Schauspieler Bahram Raban die Homo-Ehe in den USA auf Twitter lobte, musste er sich sofort öffentlich entschuldigen. Raban wurde gezwungen zu schreiben: "Die Homo-Ehe ist verwerflich nach unseren sozialen und religiösen Gesetzen." Die Zeitung "Keyhan", die als Sprachrohr des politischen und religiösen Führers Ajatollah Ali Khamenei gilt, schrieb, Raban müsse auf eine Schwarze Liste gesetzt werden.

Die iranische Diktatur hat sich ihre Macht stets durch Aufgabenteilung gesichert. Die eine Seite - Ex-Präsident Mohammed Khatami, Rohani, Zarif - ist mit geschmeidigem Lächeln und philosophischen Zitaten für die Verblendung zuständig. Und blenden ließen sich zuerst Europa und danach die USA nur zu gerne. Die andere Seite - Khamenei und die Militärs Qassem Suleimani und Mohammad Dschafari - sind für nackte Gewalt und Brutalität zuständig, nach innen und nach außen.

Im Wissen um all dies haben sich der größte Demokratieverbund der Welt und die stärkste demokratische Macht der Welt auf dieses Spiel eingelassen. Der Menschenrechtsbericht des US-Außenministeriums vom Juni zeigt, dass der Iran unter Rohani die Lage der unterdrückten Minderheiten (wie Kurden, sunnitische Muslime, Bahai) nicht verbessert hat.

Ein Atomdeal würde den Iran in die Salonfähigkeit bringen, und das würde eine dramatische Verschlechterung für die Menschenrechte dort bedeuten. Die westliche Welt müsste sich warm anziehen.