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Iranische Privatkunden als "Opfer" der US-Außenpolitik. | Teheran reagiert kämpferisch. | Hamburg. "Ich fühle mich zutiefst enttäuscht und unglaublich wütend. Stellen Sie sich vor, ich bin seit Jahren Kunde der Dresdner Bank, habe mein Konto nie überzogen oder Probleme gehabt und muss mich jetzt als Opfer der US-Politik wie der letzte Dreck abspeisen lassen. Das schmerzt."
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Kourosh V., 37, zweifacher Akademiker in Hamburg, verzieht sein Gesicht. Er ist einer von vielen Iranern, denen in den letzten Tagen überraschend ein Brief der Dresdner Bank ins Haus geflattert ist, in dem ihm die Kündigung der Geschäftsbeziehungen mitgeteilt wurde. Offenbar in einer Blitzaktion.
Schnell hat es sich unter rund 124.000 in Deutschland lebenden Iranern herumgesprochen. Die "Iran - no, thanks"-Politik der Dresdner Bank ist überall Gesprächsthema. Allein in der Hauptfiliale am Hamburger Jungfernstieg sind mehr als 100 Kunden betroffen.
Kourosh macht sich die Mühe, in der Zentrale nachzufragen. Dort heißt es: "Es tut uns leid, das sind die Vorgaben des Mutterkonzerns. Wir müssen diesen Schritt binnen einer Woche abschließen."
Einigen anderen Kunden wurde erklärt, die Kündigung würde dann gegenstandlos, sofern neben der iranischen auch noch eine andere Staatsbürgerschaft bestünde.
Rund 50.000 Iraner in Deutschland sind eingebürgert. Das Groteske dabei: Generell gelten die Perser in Deutschland als eine der am stärksten integrierten Migranten-Gruppen mit einem weit überdurchschnittlichen Anteil an Akademikern und Unternehmern.
Allianz bangt um US-Geschäft
Inoffiziell wurde den konsternierten Sparern persischer Herkunft erklärt, es würde eine Weisung des Münchener Allianz-Konzerns umgesetzt, zu dem die Dresdner Bank gehört. Demnach breche die Allianz systematisch die Kundenbeziehungen zu Iranern ab, um ihre Geschäfte mit den USA nicht zu gefährden. Zwischen Washington und Teheran herrscht seit Jahren Eiszeit, insbesondere wegen des iranischen Atomprogramms. Der Abbruch von Finanzbeziehungen ist Teil eines US-Sanktionspakets.
Die Kündigung der Privatkonten von Iranern betreffe nur Kunden, die im Iran eine Meldeadresse haben und darüber hinaus darauf bestehen, weiterhin Transaktionen mit ihrem Heimatland durchzuführen, sagte ein Pressesprecher der Dresdner Bank zur "Wiener Zeitung". Die Staatsbürgerschaft spiele bei den Vorgängen keine Rolle.
Die Führung in Teheran Führung nannte die Kündigungen lächerlich. "Dann wird diese Bank eben auf hervorragende iranische Kunden verzichten müssen, wir haben diese Konten nicht nötig. Wenn die Amerikaner glauben, dass sie damit irgendetwas bewirken, irren sie sich. Die werden sich noch wundern", gibt sich ein Diplomat kämpferisch.
Kourosh V. hat mittlerweile ein französisches Bankinstitut gefunden, das ihn "gerne" aufgenommen hat und ihm sogar die Kontoführungskosten bis Jahresende geschenkt hat.
Auch die "Wiener Zeitung" hat die Probe aufs Exempel gemacht und anonym einen Iraner in die Dresdner Bank geschickt, um dort ein Konto zu eröffnen. Dariush, 29, ledig, verdient monatlich 2000 Euro netto und ist sehr gut integriert. Er besitzt eine Daueraufenthaltsgenehmigung in seinem iranischen Pass und wollte ein Gehaltskonto haben. Er wurde abgewiesen.