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Irans große Gelassenheit

Von Arian Faal

Analysen

Frist wird in Ruhe abgewartet. | Sanktionen bergen große Risiken. | Etwas Besseres als der Atomstreit hätte Mahmud Ahmadi-Nejad innenpolitisch nicht passieren können. Der umstrittene iranische Präsident vermag es nämlich vortrefflich, seine Kritiker in der für den Gottesstaat mittlerweile zur Prestigeangelegenheit avancierten Atomfrage auf seine Seite zu bringen.


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Da ist es auch nicht verwunderlich, wenn sein größter innenpolitischer Rivale, Ex-Präsident Rafsanjani, ihm dieser Tage den Rücken stärkt und durch den Nahen Osten tourt, um für Unterstützung der iranischen Linie zu werben. Sein stolz verkündeter Satz "Die Amerikaner werden in der Region vergeblich versuchen, Verbündete zu finden, von deren Staatsgebiet sie uns angreifen könnten" zeigt die neue, große Selbstsicherheit des Regimes.

Letztere resultiert aus mehreren Faktoren: Die Führung ist sich bewusst, dass der Iran das einzige Land der Region ist, wo die USA keinen Einfluss haben. Seit Irak als politische Kraft ausgefallen und Saudi-Arabiens Situation wackeliger geworden ist, sieht sich das Mullahregime als einzige Regionalmacht. Darüber hinaus ist sich Teheran als zweitgrößtes OPEC-Mitglied auch bewusst, dass es den Ölmarkt durcheinander wirbeln oder aber mit Behinderungen in der wichtigen Meerenge von Hormus einen partiellen Wirtschaftskollaps herbeileiten könnte. Außerdem weiß Ahmadi-Nejad, dass weder China noch Russland einer etwaigen Sanktionspolitik der UNO zustimmen würden. Wenn die vom UN-Gremium an Iran gesetzte Frist, alle Anreicherungsaktivitäten einzustellen, am Freitag unbeachtet abläuft, dann bleiben dem Westen zwei Optionen.

Entweder kann man versuchen, die Gangart zu verschärfen und - notfalls ohne Russland und China - rasch Sanktionen verhängen. Abgesehen davon, dass gerade Sanktionen, die auf die Bevölkerung durchschlagen würden, auch das Gegenteil eines Aufruhrs bewirken könnten, nämlich eine Solidarisierung mit der Führung, ist zu befürchten, dass sich der Iran unter massivem Druck außerhalb westlicher Kontrolle an den Bau von Atomwaffen machen würde. Dann bliebe notgedrungen nur mehr die militärische Option übrig.

Die zweite Möglichkeit ist eine Rückkehr an den Verhandlungstisch. Dabei müsste akzeptiert werden, dass die Iraner keinem Konsens zustimmen werden, der ihnen die Anreicherung verböte. Bestenfalls könnten sie einem kurzfristigen Moratorium zustimmen, wenn ihnen im Gegenzug - im Rahmen strenger internationaler Kontrolle - das Recht auf Anreicherung garantiert würde. Dies müsste für Teheran akzeptabel sein, wenn es mit seinem Atomprogramm tatsächlich nur zivile Zwecke verfolgt.

Sollte der Iran das ablehnen, könnte dies die Voraussetzungen für ein geschlossenes Vorgehen des Westens liefern. Möglicherweise ist der Zeitpunkt für einen Kompromiss gerade jetzt, da der Iran behauptet, sein erklärtes Ziel, die Anreicherung, erreicht zu haben, nicht ungünstig.