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Irans Opposition setzt auf ein Comeback Khatamis

Von Arian Faal

Politik

Noch ist offen, ob bekannter Reformer bei der Wahl antreten will - und darf.


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Teheran/Wien. Der Iran wählt in sechs Wochen einen neuen Präsidenten, doch von den Reformern ist bislang wenig zu hören. Einzig Ex-Atomchefunterhändler Hassan Rohani, der kein eigentlicher Reformer, sondern moderner Pragmatiker ist, hat bisher erklärt, sich um die Nachfolge Mahmoud Ahmadinejads bemühen zu wollen, der nach zwei Amtszeiten nicht mehr antreten darf.

Zwischen 7. und 11. Mai müssen sich die Kandidaten registrieren, dann entscheidet der zuständige Wächterrat über deren Approbation für den Urnengang am 14. Juni. Nach der umstrittenen Wahl 2009, bei der die beiden Spitzenkandidaten der demokratisch-liberal-gesinnten - "grünen" Opposition, Mir Hossein Moussavi und Mehdi Karroubi, Ahmadinejad unterlegen waren, wurden die Reformer im Zuge der monatelangen Proteste mit hunderten Toten und Verletzten auf Geheiß des obersten iranischen Führers Ali Khamenei nach und nach mundtot gemacht. Moussavi und Karroubi befinden sich seit zwei Jahren unter Hausarrest, viele andere reformorientierte Politiker, Journalisten und Aktivisten sind in Haft.

Hoffen auf ein "Wunder"

"Wenn nicht ein Wunder geschieht, wird sich an der Politik der Führung nach der Wahl kaum etwas ändern. Das eigentliche Sagen hat Khamenei und nicht der Präsident, und der hat die Linie eigentlich schon vorgegeben", sagt Ahmad K., ein Anhänger Moussavis in Teheran, am Telefon zur "Wiener Zeitung". "Khamenei will einen Präsidenten, der keine Eigenwege beschreitet und möglichst den Leitlinien des Systems folgt", fügt er hinzu.

Mit Wunder meint er, dass sich einer der beiden Ex-Präsidenten - Ali Akbar Hashemi-Rafsanjani oder Mohammad Khatami, die mit der grünen Opposition sympathisieren -, doch noch breitschlagen lässt und für das Präsidentenamt kandidiert. Die Hoffnung auf eine starke Persönlichkeit wurde auch in der Parteizentrale der Reformer noch nicht aufgegeben. Sie hat bereits vor zwei Monaten angekündigt, dass sie sich auf Khatami als Spitzenkandidaten geeinigt hätte. Ein Brief von 65 reformorientierten iranischen Auslandsstudenten, der laut dem Onlineportal Sahamnews ein Bittgesuch für Khatamis Wiederkandidatur enthält, soll dieser Forderung vehement Nachdruck verleihen. Der heute 69-Jährige war 1997-2005 Staatspräsident.

Aber auch sein Vorgänger Rafsanjani (1989-97 im Amt), wurde in den vergangenen Wochen von Gouverneuren, Geistlichen, Handelstreibenden und Abgeordneten gedrängt, sich "zum Wohle des Landes" zu bewerben. Erst am Sonntag hatte der 78-Jährige die letzten acht Jahre als "bittere Zeit für das Land" bezeichnet und seinen Erzrivalen Ahmadinejad harsch kritisiert: "Die Politik der Regierung Ahmadinejad in den letzten acht Jahren war es, qualifizierte und glanzvolle Politiker entweder ins Abseits zu drängen oder unter Hausarrest zu stellen."

Indes haben die staatliche Nachrichtenagentur Irna sowie andere Medien Großumfragen in Auftrag gegeben, um herauszufinden, wen sich die Bevölkerung als nächsten Präsidenten wünscht und was sie von ihm erwartet. Das Ergebnis: Die Perser sehnen sich am meisten nach Stabilität, erschwinglichen Preise für die Güter des Alltags sowie ein Ende der internationalen Sanktionen und der damit verbundenen begrenzten Möglichkeiten, mit dem Ausland Geschäfte zu machen.

Als Wunschnachfolger für Ahmadinejad wählten die Befragten an erster Stelle Rafsanjani, gefolgt von Khatami, dem Teheraner Bürgermeister Mohammad Bagher Ghalibaf und dem ehemaligen Außenminister Ali Akbar Velayati.