Der designierte iranische Präsident soll eine kriminelle Vergangenheit haben. Während Mahmud Ahmadi Nejad neben der Umstrukturierung der Ölindustrie die Bekämpfung von Korruption und Nepotismus verspricht, häufen sich Gerüchte, er sei maßgeblich an der Besetzung der US-Botschaft in Teheran 1979 beteiligt gewesen. Sein Büro dementiert und weist die Vorwürfe als absurd zurück.
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Seit der Wahl von Mahmud Ahmadi Nejad am vergangenen Wochenende bekommt die Botschaftsbesetzung von 1979 eine aktuelle Brisanz. Seit Tagen melden sich immer mehr Zeugen, die behaupten, dass der designierte Präsident einer der Geiselnehmer der ersten Stunden gewesen sei. Am 4. November 1979 waren einige Studenten in die US-Botschaft in Teheran eindrangen. Sie stürmten das Gebäude und fesselten alle Diplomaten, Geheimdienstler und Angestellte. Für 444 Tage sollte eine der spektakulärsten Geiselnahmen die internationalen Schlagzeilen bestimmen.
Ahmadi Nejad dementiert
Die Erstürmung der US-Botschaft gehört zu den Gründungsmythen des religiösen Irans. Sollte sich der radikale Präsident davon distanzieren, könnte er seine konservativen, antiamerikanischen Anhänger bitter enttäuschen. Andererseits werden die Geschehnisse von damals in gemäßigten Kreisen inzwischen auch kritisch beurteilt, weil sie den Iran international politisch völlig isolierten und zum Bruch der diplomatischen Beziehungen mit den USA führten. Seine Vergangenheit könnte den Politik-Newcomer genauso schnell einholen, wie er aus dem Nichts heraus zum Präsidenten gewählt wurde. Einer der Geiselnehmer von damals, Abbas Abdi, der sich zu seiner Tat bekennt, gibt an, dass Ahmadi Nejad seinerzeit nicht dabei war. Während des Wahlkampfes im Iran waren bereits Vorwürfe über Verstrickungen Ahmadi Nejads in extremistische Gruppen laut geworden. Oppositionelle sagten, er sei an grenzüberschreitenden Untergrundeinsätzen während des Iran-Irak-Kriegs von 1980 bis 1988 beteiligt gewesen. Der Präsident selbst dementierte diese Vorwürfe.
Doch auch der Fall der Kurden-Morde in Wien wird plötzlich wieder brisant. Der Sicherheitssprecher der österreichischen Grünen, Peter Pilz, hat Ex-Präsident Rafsandjani wiederholt vorgeworfen, den Befehl für die 1989 durchgeführte Ermordung des damaligen Generalsekretärs der iranischen Kurden-Partei, Abderrahman Ghassemlou, in Wien erteilt zu haben. Nun berichtete die tschechische Zeitung "Pravo", dass Ahmadi Nejad in den Fall verwickelt sein soll. "Einige Tage vor der Ermordung Ghassemlous war er in Wien und seine Aufgabe war es, die Waffen aus der iranischen Botschaft dem Mordkommando zu übergeben", zitiert das Blatt Yazdan Panah, einen Vertreter der iranischen kurdischen Opposition, der im Irak im Exil lebt.
Zwischen Angst und Hoffen
Unterdessen beherrscht auf Teherans Straßen noch immer Verwunderung und Betroffenheit die Gespräche über den Ausgang der Stichwahl. Wie kann es sein, dass ein Land, dass überwiegend von jungen Menschen bewohnt wird, die die unter Noch-Präsident Khatami erlangten Freiheiten auf keinen Fall aufgeben wollen, sich für einen Hardliner entscheidet, dem der Ruf eines harten Verfechters der Anfänge der Revolution unter Ayatollah Khamenei vorauseilt?
Ein Teil der Stimmen dürfte dem überzeugten Bartträger (als Bürgermeister verpflichtete er alle männlichen Mitarbeiter, einen Bart zu tragen) durch das Image des "Robin Hoods Teherans" zugeflogen sein. Weiters gaben viele Protestwähler ihre Stimme Ahmadi Najad und letztlich profitierte der 49jährige vom Umstand, dass viele Reformer weder ihn, noch Rafsandjani ihre Stimme gaben.
Das Programm von Ahmadi Nejad