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Irans Präsident will in Syrien Blutvergießen endlich beenden

Von Reinhard Göweil aus Teheran

Politik

Rouhani hält Situation in dem Krisenland für "unhaltbar", Fischer nennt den Iran "glaubhaften Gegner des IS".


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Teheran. So ein Staatsakt, wie die Begrüßung von Bundespräsident Heinz Fischer durch seinen iranischen Amtskollegen Hassan Rouhani, hat immer etwas rituell Pompöses. Doch es fehlen auch die kleinen Details nicht, die daraus doch ein recht menschliches Ereignis machen. Während etwa Heinz Fischers Limousine vor dem Präsidentenpalast in Teheran von prächtig geschmückten berittenen Reitern eskortiert wurde, fuhr Rouhani, begleitet von Hells-Angels-ähnlichen Motorradfahrern vor - einer mit schussbereiter Maschinenpistole in der Hand, aber grinsend.

Nach der Ehrenformation ging es allerdings zur Sache, denn die beiden Delegationen hatten dann doch recht ernste Themen zu besprechen. Fischer und Rouhani trafen sich gestern zum vierten Mal, und dass sich beide gut verstehen, war offenkundig.

Oben auf der Agenda das Thema Bürgerkrieg in Syrien, der Millionen Menschen flüchten lässt, davon hunderttausende nach Europa. Rouhani: "Es geht in Syrien nicht um eine Person (Präsident Assad, der bisher vom Iran gestützt wurde, Anm. d. Red.), sondern darum, das Blutvergießen zu beenden. Es sterben Hunderttausende. Die Zukunft Syriens muss aber vom syrischen Volk entschieden werden und nicht von einer fremden Macht." Rouhani ließ aber keinen Zweifel daran, dass für den Iran das Thema Syrien nun so drängend geworden ist, dass etwas unternommen werden muss. "Der Iran wird sich mit jedem an einen Tisch setzen, wenn diese Verhandlungen Chancen auf Erfolg haben", sagte er in Teheran. Er bezeichnete die Wiederherstellung des Friedens in Syrien als "islamische Pflicht".

Aus Kreisen der österreichischen Delegation sickerte durch, dass Rouhani im Gespräch die Situation als "unhaltbar" bezeichnet hatte. Der Iran zählt mit Russland zu den Unterstützern des syrischen Präsidenten Assad. Und wie Russland will Rouhani eine Lösung unabhängig von der Frage, wer in Syrien an der Macht ist.

Rouhani macht sich Sorgen, dass es bald nicht mehr möglich sein könnte, in Syrien ein funktionierendes Staatswesen wiederherzustellen. "Die Besten gehen weg", sagte er. Zurück bleiben jene, die besonders leicht den Verlockungen des IS auf den Leim gehen. "Der Iran ist ein glaubhafter Gegner des IS", sagte Fischer. Außenminister Kurz ist überzeugt, dass ohne gemeinsames Vorgehen von Russland und den USA die Syrien-Krise nicht zu lösen ist. Danach schaut es derzeit allerdings auch nicht aus.

Rouhani scheint allerdings auch wenig Hoffnungen zu haben, dass sich in Israel die Ablehnung des Atomabkommens in eine pragmatischere Sichtweise wandelt. Damit bleiben zwei Streitpunkte im Mittleren Osten vorerst ungelöst.

Unter den derzeitigen Kräften werden Hinrichtungen bleiben

Im Frühjahr 2016 (nach iranischer Rechnung das Jahr 1395) wird im Iran das Parlament neu gewählt. Es herrscht die Hoffnung, dass liberalere Kräfte dort die Mehrheit bekommen, die Rouhanis Politik stärker unterstützen. Nicht nur außen-, sondern auch innenpolitisch. Mit den jetzigen Mehrheitsverhältnissen wird sich an den vielen Hinrichtungen nichts ändern, das machte Rouhani dem österreichischen Bundespräsidenten klar. Die Öffnung des Landes könnte die ohnehin fortschreitende Säkularisierung des Landes allerdings beschleunigen, was den moderaten Kräften auftrieb gibt. In jenen Bezirken, in denen sich Wohlstand entwickelte, gehen nur noch wenige Menschen zum Freitagsgebet. Und der Iran hat nicht nur eine junge, sondern urbane Bevölkerung. 70 Prozent leben in Städten.