Inflationsrate wird künftig nicht mehr veröffentlicht. | "Bazari" spüren westliche Sanktionen.
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Paris/Teheran. Die internationalen Sanktionen gegen den Iran seien kläglich gescheitert - das beteuerten Wirtschaftsminister Seyed Shamseddin Hosseini und Außenminister Ali Akbar Salehi rechtzeitig zum Ende des Fastenmonats Ramadan. Man habe sich dem Druck des Westens, vor allem der USA, über 32 Jahre erfolgreich widersetzt und werde dies auch weiter tun, so der Tenor.
Anders empfinden das die sogenannten "Bazari" (Großhändler), die neben dem Erdölsektor die zweite Schlagader der iranischen Wirtschaft sind. Sie haben in den vergangenen Wochen mehrmals ihren Unmut über die wachsenden Erschwerungen bei Iran-Geschäften kundgetan.
"Die meisten unserer früheren Großkunden aus dem Ausland reagieren auf die verschärften Sanktionen und fahren auf der Schiene Finger weg von Geschäften mit dem Iran - und das hat für uns verheerende Folgen", so einer der Großhändler im Gespräch mit der "Wiener Zeitung".
Auch die Bevölkerung selbst sieht sich mit horrenden Preiserhöhungen bei Mieten, Lebensmitteln und Treibstoffen konfrontiert. Sogar der "Rettungsanker" der ärmeren Schichten, das Subventionssystem, wurde von der Regierung rund um Präsident Mahmoud Ahmadinejad auf ein Minimum gekürzt.
Hohe Teuerungsraten
Ein weiteres Indiz dafür, dass es für Irans Wirtschaft eng wird, ist die alarmierende Anordnung der Regierung, die Inflationsrate künftig geheim zu halten. Um dies zu gewährleisten, wurden sämtliche Kompetenzen bezüglich der Wirtschaftsdaten von der Zentralbank auf das der Regierung nahestehende Nationale Statistikzentrum übertragen. Der Chef der Statistikbehörde, Mussa-al-Reza Servati, bestätigte Parlamentsabgeordneten gegenüber, er habe die strikte Anordnung, die Inflationsrate nicht mehr zu veröffentlichen. Laut der letzten von der Zentralbank veröffentlichten Statistik lag die Inflationsrate im Juni bei rund 16,3 Prozent. Der euphorische Wunsch von Zentralbankchef Mahmoud Bahmani, schon im nächsten Jahr wieder eine einstellige Inflationsrate präsentieren zu können, wird wohl nicht in Erfüllung gehen. Die Inflation war laut staatlichen Angaben von 8,8 Prozent im Mai 2010 auf 12,8 Prozent im März 2011 gestiegen. Analysten rechnen bis Jahresende mit einem weiteren Anstieg der Inflation wegen der Subventionskürzungen.
Nicht nur das Parlament und die "Bazari", sondern auch die Zentralbanker haben das Regierungsteam wegen der künftigen Geheimhaltung der Wirtschaftsdaten heftig kritisiert. Die Opposition im Iran spricht schon davon, dass die Regierung einen wirtschaftlichen Sinkflug verschleiern wolle.