Ölexporte brechen wegen des Embargos drastisch ein.
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Teheran. Sanktionen gegen den Iran gibt es zwar schon seit 33 Jahren, doch nun scheinen sie das Land besonders hart zu treffen. Die Wirtschaft steht vor dem Kollaps, die Währung verfällt und die Inflation steigt.
Denn erst vor ein paar Monaten haben die EU und die USA wegen des umstrittenen iranischen Atomprogramms noch einmal kräftig an der Sanktionsschraube gedreht. Die EU hat ein Öl-Embargo gegen Teheran in Kraft gesetzt und zudem veranlasst, dass europäische Unternehmen keine iranischen Öltanker mehr versichern. Parallel dazu hat auch Washington neue Sanktionen gegen die Revolutionsgarden und alle wichtigen iranischen Großbanken geschnürt. Die Botschaft: Wer mit dem Iran Geschäfte macht, kann sich US-Geschäfte abschminken. Sämtliche Großfirmen, darunter die AUA und die OMV, reagierten in den letzten Monaten und beendeten ihre Kooperationen mit dem Iran, um Washington nicht zu vergrämen.
Irans Regierung muss nun Schulden eintreiben
All diese Schritte, vor allem aber das Ölembargo, treffen die iranische Wirtschaft hart. Zwar hört man von den verantwortlichen Politikern seit Jahren fast schon gebetsmühlenartig, dass die westlichen Sanktionen den Iran kaum treffen würden und ein sogenanntes Ersatzprogramm alle Ausfälle aus der EU kompensieren würde. Doch scheint es, als ob der Führung in Teheran in diesem Herbst erstmals die Konsequenzen der Sanktionen wie ein starker Wind direkt ins Gesicht blasen.
Die Währung Rial befindet sich auf Talfahrt. Hauptgrund sind besonders die stark zurückgegangenen Ölexporte, diese sanken im letzten halben Jahr um eine Million Barrel. Die Folge: Die Preise explodieren, die Regierung treibt Schulden ein und die Bevölkerung muss den Gürtel drastisch enger schnallen.
Betrug der Wechselwert für einen Euro am 1. September 2012 noch 27.000 Rial und für einen US-Dollar rund 24.000 Rial, so hat die iranische Währung seither um knapp dreißig Prozent an Wert verloren. Offiziell stehen der Dollarkurs bei 33.300 Rial und der Euro bei 44.500 Rial. Fazit: Versuche der Regierung, die Währung zu stützen, misslingen offenbar. Seit Ende 2011 hat die Währung gar mehr als 80 Prozent ihres Werts verloren.
Der abrupte Rückgang deutet darauf hin, dass die Islamische Republik wegen der westlichen Strafmaßnahmen im Atomstreit immer weniger Devisen einnimmt.
In den iranischen Medien ist von diesem Wirtschaftskollaps (noch) keine Rede. Sie haben von Irans oberstem Führer Ali Khamenei einen Maulkorb verhängt bekommen. Doch die Menschen spüren die Auswirkungen der Inflation - offiziell liegt diese bei rund 24, geschätzt aber gar bei rund 29 Prozent - und der Arbeitslosigkeit, die etwa 15 Prozent beträgt, bereits sehr deutlich im Alltag. Unmut macht sich breit: Dies zeigt etwa ein Protestbrief an das Arbeitsministerium wegen der Lebensmittelteuerungen, den tausende Iraner unterschrieben haben.
Zentralbank wirft die Druckerpresse an
Die Zentralbank hat in den vergangenen Monaten mehr Geld gedruckt und in Umlauf gebracht, um die Folgen abzufedern. Vergeblich.
Der zweitmächtigste Mann des Landes und Chef des Schlichtungsrates, Ex-Präsident Ali Hashemi-Rafsanjani, warnte in den letzten Wochen immer wieder: "Die Bevölkerung muss wieder mit ins Boot geholt werden. Man muss Maßnahmen setzen, um die ernsthafte Bedrohung durch die westlichen Feinde eindämmen zu können. Sonst wird ein Flächenbrand ausbrechen, der schwer löschbar ist."
Um die Inflation und die öffentliche Haushaltslage in den Griff zu bekommen, will Zentralbankchef Bahmani ausstehende Schulden eintreiben. Insgesamt geht es um 600.000 Milliarden Rial. Säumige Schuldner sind vor allem staatliche Betriebe, die nicht nur keine Darlehen tilgen, sondern auch ihre gigantischen Strom- und Gasrechnungen nicht bezahlen. Ob dies ausreicht, um einen möglichen Aufschrei der Bevölkerung zu verhindern, ist aber sehr fraglich.