Die Bewohner der als "grün" bekannten und als "keltischer Tiger" bezeichneten Insel Irland werden im heurigen Jahr vermutlich zweimal zu den Urnen gerufen werden. Im Mai wird ein neues Parlament gewählt. Anschließend, zumindest aber noch in diesem Jahr, dürfte der derzeit amtierende Regierungschef Bertie Ahern zudem einen neuen Anlauf zur Verabschiedung des EU-Vertrages von Nizza unternehmen. Und die Wiederwahl von Ahern gilt als so gut wie sicher.
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Die "Soldaten des Schicksals", wie Aherns Partei "Fianna Fáil" übersetzt heißt, werden Umfragen zufolge ihre Position als stärkste politische Kraft auf der Grünen Insel behaupten. Bertie Ahern gilt als beliebtester Politiker und wird derzeit von 68 Prozent der vom Irischen Marktforschungsinstitut Befragten unterstützt. Wenngleich die Zufriedenheit mit seiner Koalitionsregierung zuletzt um 10 Prozentpunkte auf 52 Prozent gesunken ist. Aherns Partei würden 41 Prozent der Iren ihre Stimme geben. 21 Prozent sprechen sich für die größte Oppositionspartei Fine Gael aus, 11 Prozent für die Labour Party. Die der irischen Untergrundorganisation IRA nahe stehende Sinn Fein, die im Parlament einen Vertreter hat, ist in der Wählergunst von 3 auf 8 Prozent gestiegen. Sinn Fein-Vorsitzender Gerry Addams ist nach Bertie Ahern der zweitbeliebteste Politiker und kommt auf 56 Prozent Zustimmung.
Ein weniger deutliches Ergebnis zeichnet sich aus heutiger Sicht bei einer neuerlichen Volksabstimmung über die EU-Vertragsrevision von Nizza ab. 40 Prozent würden im Moment dafür stimmen, 29 Prozent dagegen, 9 Prozent würden erneut nicht zur Abstimmung gehen - und 22 Prozent sind unentschlossen. Sie könnten das Zünglein an der Waage sein und für ein endgültiges Scheitern von Nizza sorgen.
Irland ist das einzige EU-Mitgliedsland, in dem der Nizza-Vertrag durch eine direkte Abstimmung abgesegnet werden muss. Der bisher letzte Vertrag - während bereits ein neuer EU-Grundlagentext angedacht wird - sollte die Voraussetzung für die Erweiterung der Union auf bis zu 27 Mitglieder schaffen. Sollte sich in Irland das negative Abstimmungsergebnis vom Juni 2001 bestätigen - eine Ratifikation in allen EU-Staaten ist notwendig -, könnte als "worst case"-Szenario das Institutionen-Kapitel herausgenommen werden. Doch EU-Politiker sind voller Hoffnung. Aus Zweckoptimismus? Jedenfalls stellen die Iren jetzt mit dem bekannten TV-Journalisten Pat Cox den Präsidenten des EU-Parlaments, was sich positiv auf die EU-Stimmung in Irland auswirken könnte.
Bei der Einführung des Euro -Bargeldes jedenfalls war Irland nach den Niederlanden Spitzenreiter. Ab Samstag gilt auf der Insel nur mehr der Euro als Zahlungsmittel.