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AK-Chef spekuliert auf 15 Prozent und den Posten des Landeshauptmanns. | Landverteilung, Einkommen und Transit als Themen im Wahlkampf. | "Wiener Zeitung": Herwig van Staa hat Ihnen vorgeworfen, Sie wollten nicht die Partei retten, sondern nur ihn als Landeshauptmann stürzen. Kandidieren Sie mit der ÖVP oder gegen die ÖVP?
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Fritz Dinkhauser: Ich kandidiere für Tirol. Wir haben eine Stadt nach der anderen verloren. Imst etwa, die Bastion des legendären Landeshauptmannes Wallnöfer (Eduard; im Amt 1963 bis 1987, Anm.). Die letzte war Zams, wo Minister Platter Bürgermeister war. Es geht also bergab. Van Staa hat Innsbruck gerettet, aber er hat einen Sympathiewert von 33 Prozent, Erwin Pröll ist bei 73 gelegen.
Mit welchen Themen gehen Sie in den Wahlkampf?
Es geht vor allem um die Agrargemeinschaften: Wir sind der Appendix der Bauern. Die Gestaltung des Landes hängt davon ab, ob das, was Gemeinden und Bürgern gehört hat, wieder ihnen zurückgegeben wird. Die Macht der Bauern ist unermesslich. Die Bauern sind drei Prozent der Bevölkerung, bekommen aber 50 Prozent des Budgets. Dass man da irgendwann die Nase voll hat, ist logisch.
Weitere Themen?
Zentrales Thema ist die Frage des Einkommens, der Wirtschaftspolitik und des Wohnens. Wir haben die höchsten Lebenshaltungskosten, aber das geringste Einkommen in ganz Österreich. Vorarlberg liegt nur ein paar Schritte weiter im Westen, hat aber das zweithöchste Einkommen nach Wien. Das muss also an der Struktur und an der Politik liegen. In Tirol kann niemand mehr leben, weil das nicht finanzierbar ist.
Und im Transitbereich nehmen jeden Tag die Zahlen zu. Der Brenner-Basistunnel ist ein Milliardenloch und löst das Problem nicht: Er würde nur den Verkehr aufnehmen, der schon da ist, nicht aber die Zunahme. Das Problem muss über die Logistik der EU gelöst werden. Da gehören radikale Lösungen her.
Schließlich sind wir das einzige Bundesland, das Strafe zahlt, weil es keine Mülllösung hat.
Wie lautet ihr Wahlziel?
In dem Land gibt es nur Seilschaften, gewisse Gruppen, die es sich richten. Bei der letzten Wahl haben bereits 40 Prozent der Tiroler nicht mehr gewählt - die schlechteste Wahlbeteiligung Österreichs. Wenn ich diese 40 Prozent bekomme, bin ich hochzufrieden.
40 Prozent aus dem Stand ist aber ein bisschen viel ...
Klar, dass das viel ist, das bekommt man nicht. Es geht nur darum, dass ein Riesenpotenzial von frustrierten Menschen da ist, die nicht mehr zur Wahl gehen. Man kann etwas rausholen und das ist mein Ziel.
Können Sie das in Prozenten ausdrücken?
Realistisch sind 10 bis 15 Prozent - eine Sensation.
Sie sind jetzt 67 Jahre alt, wird man nicht auch irgendwann Politik-müde?
Ja schon. Ich habe mir das nicht ausgesucht - die Menschen wollten, dass ich kandidiere. Meine Lebensplanung war eine ganz andere: Ich wollte nach Südengland fahren und dort perfekt Englisch lernen. Nach einem halben Jahr wollte ich mich einem internationalen Sozialprojekt anschließen. Die Umfragewerte der ÖVP stehen schlecht - ich habe ein gutes Image. Da werden die Leute gesagt haben "probieren wirs".
"Die Leute" - damit meinen Sie aber nicht die ÖVP?
Nein, aber es waren auch Leute aus der ÖVP. Die sind hoch frustriert, weil sie merken, dass es sich einige wenige richten. Tirol ist bürgerlich, das heißt aber nicht, dass es die ÖVP ist.
Apropos bürgerlich: Würden Sie einen SPÖ-Landeshauptmann im traditionell schwarzen Tirol unterstützen?
Die Frage stellt sich nicht, weil ich ja den Anspruch auf den Landeshauptmann erhebe. Mein Ziel ist nicht, jemand anderen zum Landeshauptmann zu machen, sondern so stark zu werden, dass eine Konzentrationsregierung positiver Kräfte möglich ist.
Tirol wählt statt im Herbst schon am 8. Juni. Für Sie ist das nicht sehr günstig.
Das war Absicht. Wir haben gewusst, dass keine Nationalratswahlen kommen, das können die sich ja nicht leisten. Aber der Termin wurde bewusst gewählt, um mich zu schwächen.
Wie ist es um Ihr Wahlkampfbudget bestellt? Kritiker werfen Ihnen vor, das PR-Budget der Arbeiterkammer für Ihre Ziele zu nutzen.
Auf diese Aussage hin habe ich eine Prüfung des Kontrollausschusses veranlasst. Von dem Vorwurf ist nichts übrig geblieben. Es ist die Frage, inwieweit woanders Mittel der Tiwag und anderer Bereiche des Landes eingesetzt werden - die sollen vor ihrer eigenen Türe kehren. Aber das ist eben das Instrument der Leute, die in der Verantwortung sind. Ich habe diese Möglichkeit nicht, das ist klar. Aber dadurch, dass ich schon so lange in dieser Aufgabe bin, brauche ich mich nicht mehr berühmter machen.
Aber ein gewisses Wahlkampfbudget werden Sie wohl oder übel brauchen ...
Da kommt mir der frühe Wahltermin wiederum entgegen. Ein Wahlkampf kostet viel Geld, aber es gibt nur eine Person, die verantwortlich ist, und das bin ich. Ich habe auf meinen Namen einen Kredit aufgenommen. Ich gehe dieses Risiko ein, weil ich glaube, dass die Leute und das Land das wert sind.
Zur Person:
Der ÖVP-Rebell Fritz Dinkhauser ist für seine markigen Sprüche, die meist gegen die eigene Partei gehen, bekannt. Geboren wurde Dinkhauser am 16. April 1940 in Innsbruck. Er war zunächst Berufssportler (Tiroler Meister im Hammerwerfen, als Bobfahrer nahm er an den Olympischen Spielen in Grenoble und Sapporo teil). Anschließend war er sechs Jahre lang in der Privatwirtschaft tätig und wurde 1971 Landessekretär des ÖVP-Arbeitnehmerbundes ÖAAB in Tirol. 1979 wurde er Kammerrat in der Tiroler Arbeiterkammer und bekleidete von 1985 bis 1989 die Funktion des Vizepräsidenten.
1991 wurde der verheiratete Vater von fünf Kindern erstmals zum Präsidenten der Tiroler AK gewählt. In dieser Funktion bestätigt wurde er 1994, 2000 und 2004.
Wissen: Agrargemeinschaften
Rund 2000 Quadratkilometer Land gehören in Tirol den Agrargemeinschaften. Es handelt sich dabei um jene Gründe, an denen die Bauern früher nur Nutzungsrechte hatten, die nach dem Zweiten Weltkrieg aber ins Eigentum der Gemeinschaften überschrieben wurden, um von den Bauern die Grundsteuer einnehmen zu können. Viele Gemeinden glauben, dass die Agrargemeinschaften seinerzeit widerrechtlich ins Grundbuch eingetragen wurden und fordern die Gründe zurück. Nicht nur sind die Verfahren von damals strittig, auch geht es darum, dass die Agrargemeinschaften aus Sicht der Gemeinden überhöhte Preise für Grundstücke verlangen - etwa, wenn eine Schule gebaut werden muss. Fritz Dinkhauser fordert daher die Rückgabe des ehemaligen Gemeindeguts an die öffentliche Hand.