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Irgendwann muss Nordkorea angreifen

Von Friedrich Korkisch

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Friedrich Korkisch leitet das Institut für Außen- und

Kim Jong-un muss Ernst machen, um sein Gesicht zu wahren. Aber ein Staat, der anderen laufend mit Auslöschung droht, sollte isoliert werden.


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In kurzen Abständen droht der "Geliebte Führer", die "Ewige Sonne" Nordkoreas, Kim Jong-un, der sich mit 27 Jahren selbst zum Armeegeneral befördert hat, seiner Umgebung mit einem "großartigen" Krieg, so Südkorea, Japan und den USA - Letzteren mit einem atomaren Angriff, Südkorea sogar mit "völliger Auslöschung".

Nach völkerrechtlichen Normen sind das indirekte Kriegserklärungen, die, gemäß Völkerrechtspraxis, zu einem Präventivschlag gegen Nordkoreas Führung und Waffenarsenal berechtigen würden. Mitteilung des US-Verteidigungsministeriums zufolge besitzt Nordkorea derzeit fünf Atombomben mit geringer Kilotonnen-Leistung und Raketen mit rund 4500 Kilometer Reichweite, wenn man diese mit den 600 Kilo schweren A-Bomben bestückte.

Man kann das hysterische und weltweit einmalige Verhalten der Führung dieses Staates nur pathologisch erklären: mit dem Versuch, durch eine auf die Spitze getriebene Radikalität sich als Atommacht irgendwo Gehör zu verschaffen. Aber die Nachbarn Nordkoreas reagieren gelassen und verweigern dem Regime den Dialog. Außerdem wird Nordkorea auch für China (nach dem UNO-Sanktionsbeschluss nun als "Verräter" bezeichnet) zu einer zunehmenden Belastung, ebenso für Russland, und man traut Kim zu, auch handfeste Drohungen gegen diese beiden Staaten auszusprechen.

Kim hat sich bei seinen Generälen als Führer etabliert, gleichzeitig ist er auch Gefangener der rund 1000 Generäle, nachdem er nach seinem Machtantritt die gemäßigte oberste Militärführung mit "Hardlinern" umbesetzt hat. 40 Prozent des Bruttosozialprodukts und 60 Prozent des Staatshaushaltes gehen in die Streitkräfte, dafür verhungern rund 100.000 Menschen pro Jahr. Viele meinen, das Land befinde sich in einer ständigen Kulturrevolution, aber ohne Revolution und ohne Kultur, denn diese, urchinesischen Traditionen folgend, wurde von der japanischen Besatzung (1905 bis 1945) weitgehend zerstört.

Das Gefährliche an Nordkorea ist die Tatsache, dass die Hysterie und die laufenden Kriegsdrohungen nicht mehr steigerbar sind. Will Kim nicht seine Glaubwürdigkeit verlieren und als schlecht erzogener Schreihals dastehen, muss er einmal angreifen, und wenn es nur eine kleine Insel ist - er muss das Gesicht wahren. Aber was, wenn der Angriff misslingt (was sehr wahrscheinlich ist, weil sein Waffenarsenal von vorgestern ist)? Greift man dann als Kompensation zu Atomwaffen? Und gegen welche Ziele setzt man diese ein - gegen Seoul oder Pusan? Die USA würden atomar zurückschlagen. Das weiß auch China.

Die Botschaft Nordkoreas in Wien ist ein personell stark überbesetztes Propaganda- und Spionagezentrum, das vor allem Luxusgüter für die Nomenklatura in Pjöngjang verschickt. Wenn Österreich seine laufenden Behauptungen, sich für Humanität und Menschenrechte einzusetzen, ernst nimmt, muss es die Beziehung zu diesem Land umgehend abbrechen. Es gibt nichts, was zwischen beiden Staaten zu besprechen wäre, und nichts, was Österreich in Nordkorea politisch oder humanitär bewirken könnte.