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Irgendwie stört die Jury

Von Christina Böck

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Es gibt so gewisse Herbstfixpunkte. Sturm. Kastanien. Kürbis. Und keine Buchpreis-Shortlist ohne verärgertes Feuilleton. Im vergangenen Jahr drehte sich die Empörung um die Unausgewogenheit der männlichen und weiblichen Nominierten. Marlene Streeruwitz beschwerte sich in der "Welt" über einen sexistischen Literaturbetrieb. Heuer hat dieselbe Zeitung einen anderen Kritikpunkt ins Visier genommen. In der Jury würde sich nur ein einziger ernstzunehmender Literaturkritiker befinden, aber gleich zwei Buchhändler. Das liege an der unpraktischen Verfügung, dass niemand zweimal in der Buchpreis-Jury sitzen dürfe. Bei so einer Besetzung sei ja klar, dass es ein experimenteller Wuchtroman wie "Die Stunde zwischen Frau und Gitarre" von Clemens Setz nicht in die engere Wahl geschafft hat. Die "Welt" sieht den Deutschen Buchpreis damit gar in der Bedeutungslosigkeit vergammeln.

Die "taz" wiederum findet gerade die Buchhändler-Überrepräsentation "cool". Die Shortlist wirke deswegen nämlich wie eine gehobene Leseempfehlung. Dass reihenweise "Darlings" des Literaturbetriebs "gekillt" wurden, wird da recht gelassen hingenommen.

Tatsächlich treffen beide Kommentare aus zwei Richtungen die Problematik des Buchpreises: Der nämlich als Literaturpreis daherkommt, aber ein Branchenpreis ist, der nicht zufällig zu Beginn der Frankfurter Messe vergeben wird. Beim Buchpreis ging es immer schon mehr ums Verkaufen und weniger ums Lesen. Also sollten ehrlicherweise sogar noch viel mehr als zwei Buchhändler in der Jury sitzen.