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Irland-Probleme als Fingerzeig - EZB länger als geplant im Krisen-Modus?

Von Stefan Melichar

Analysen

Wenn es hart auf hart kommt, ist die Europäische Zentralbank (EZB) für geldbedürftige Banken - und damit oft auch für deren Heimatstaaten - die letzte Rettung. Als in den vergangenen Wochen kein anderer Investor mehr den maroden irischen Banken Geld borgen wollte, hielt sie die Finanzinstitute so lange über Wasser, bis sich die Politiker endlich auf internationale Hilfen - unter anderem von der EU - einigen konnten.


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Früher hat sich die EZB auf die Rolle des Inflationswächters beschränkt, im Zuge der Finanzkrise konnten die Zentralbanker in Frankfurt jedoch ein breites Arsenal an Hilfsmaßnahmen aufbauen. Mit dessen Abrüstung wurde zwar bereits wieder begonnen. Das neuerliche Aufkochen der europäischen Staatsschuldenprobleme könnte die schnelle Eingreiftruppe nun jedoch weiter im Alarmzustand halten. Viele Analysten erwarten, dass der EZB-Rat bei seiner Sitzung am Donnerstag entscheidet, den Krisen-Modus länger als geplant aufrecht zu erhalten.

Konkret geht es dabei um Kredite, die die Zentralbank den Geschäftsbanken in der Eurozone zur Verfügung stellt: Früher hat die EZB Geld nur für wenige Tage oder Wochen vergeben, wobei nur jene Banken, die die besten Zinsen boten, zum Zug kamen. Auf dem Höhepunkt der Finanzkrise konnten sich die Kreditinstitute dann aber Geld für eine Laufzeit von bis zu einem Jahr leihen - und zwar so viel sie wollten.

Mittlerweile wurde die Maximallaufzeit auf drei Monate reduziert, die unbegrenzte Zuteilung zum günstigen Leitzins von einem Prozent besteht jedoch weiterhin. Eigentlich hätte die EZB nun bald wieder dazu übergehen sollen, ein begrenztes Volumen zu versteigern, dies könnte nun aber weiter nach hinten verschoben werden. Bei Krediten mit einwöchigen und einmonatigen Laufzeiten dürfte die Vollzuteilung ohnehin noch länger bestehen bleiben.

Fest steht, dass sich die Zentralbank durch die verschiedenen Laufzeiten und Geldmengen ein gutes Instrumentarium geschaffen hat, um möglichst flexibel auf auftretende Herausforderungen zu reagieren. Dazu gibt es noch die dritte - wohl bekannteste - Schraube, an der bei Bedarf gedreht werden kann: den Leitzins. Dass dieser - von seinem Rekordtief - angehoben wird, erwarten Experten nun nicht vor Mitte 2011, wenn nicht später. Zwar zieht die Konjunktur in einigen Staaten der Eurozone - vor allem Deutschland - kräftig an, wodurch das Inflationsrisiko steigt. Insgesamt dürfte die Teuerung jedoch auf absehbare Zeit unter dem Zielwert von etwas weniger als zwei Prozent bleiben. Ein Eingreifen durch eine Zinserhöhung scheint damit nicht unmittelbar notwendig.

Spannend ist jedoch die Frage, ob die EZB ihr Programm zum Kauf von Staatsanleihen forciert. Damit könnte sie nicht nur Banken, sondern auch Staaten mit Finanzierungsproblemen direkt unter die Arme greifen. Hier sind einige Mitglieder des EZB-Rats jedoch skeptisch. Sie fürchten, dass sich die Zentralbank zu weit von ihrer Grundaufgabe - der Inflationsbekämpfung - entfernt.