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Irlands Antrag auf Hilfe steht bevor

Von WZ-Korrespondent Wolfgang Tucek

Europaarchiv

Finanzminister: Schutzschirm jederzeit zum Einsatz bereit. | Auch Großbritannien will helfen - 110 Milliarden Euro in Gefahr. | Brüssel. EU und Eurozone unternehmen einen weiteren Versuch, die Märkte zu beruhigen und Spekulationen gegen Euroländer einzudämmen. Dafür laufen die Vorbereitungen für ein Rettungspaket mit leistbaren Krediten für Irland auf Hochtouren. Kaum jemand zweifelte nach dem Treffen der EU-Finanzminister am Mittwoch noch daran, dass sich die Iren in Kürze unter den im Frühjahr geschaffenen EU-Rettungsschirm stellen werden, der nominell bis zu 750 Milliarden Euro umfasst. Selbst das Nicht-Euroland Großbritannien bot seine Hilfe in Form von bilateralen Krediten an. "Wir stehen bereit, Irland zu unterstützen, um Stabilität in sein Bankensystem zurückzubringen", sagte der britische Schatzkanzler George Osborne.


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Es sei nicht auszuschließen, dass sein Land auf Unterstützung der Euro-Zone zurückgreifen müsse, räumte selbst Irlands Finanzminister Brian Lenihan ein. Es sei wohl nur noch eine Frage von Tagen, hieß es hinter vorgehaltener Hand. Denn bereits heute, Donnerstag, trifft ein Team von Experten der EU-Kommission, der Europäischen Zentralbank (EZB) und des Internationalen Währungsfonds (IWF) in Dublin ein, "um die Arbeit für ein potenzielles Programm zu intensivieren", wie es Wirtschaftskommissar Olli Rehn ausdrückte.

Alle Beteiligten des Ministertreffens betonten, dass der bis 2013 etablierte Rettungsschirm jederzeit aktiviert werden könne.

Dieser besteht aus drei Teilen: Erstens der formal 440 Milliarden Euro schweren "European Financial Stability Facility" (EFSF). Sollte ein Aktionär Bedarf anmelden und die Eurozonenländer grünes Licht geben, "können wir binnen fünf bis acht Werktagen auf den Markt gehen", sagte EFSF-Chef Klaus Regling. Bei jüngsten Reisen nach Asien habe er reges Interesse an den Anleihen mit Euro-Zonen-Garantien feststellen können, sollten sie tatsächlich begeben werden müssen.

Zweitens gibt es den 60 Milliarden Euro schweren "European Financial Stability Mechanism" (EFSM) der bei der Kommission angesiedelt ist, und für den nach Rehns Aussage die gesamte EU haftet. Und bis zu 250 Milliarden Euro steuert der IWF bei. In jedem Notfall müssten immer alle drei Elemente einbezogen werden, erklärte ein Diplomat. Vor allem die IWF-Experten will man offenbar deshalb unbedingt an Bord haben, weil sie die meisten Erfahrungswerte mit der Kontrolle der Finanz- und Wirtschaftspolitik angeschlagener Staaten haben.

Irischer Widerwille ist groß

Genau das scheint der Regierung in Dublin Unbehagen zu bereiten. Sie fürchtet offenbar auch um ihre extrem niedrige Körperschaftssteuer von nur 12,5 Prozent, welche vor der Krise zahlreiche Niederlassungen internationaler Konzerne auf die grüne Insel gelockt hatte. Doch das irische Kalkül, bloß für die maroden Großbanken wie die Anglo Irish Bank und die Allied Irish Banks Hilfe anzufordern, aber nicht für den Staatshaushalt, geht nicht auf. Mehrere Minister und die Kommission betonten, dass es nur Unterstützung für den Staat und das unter strengen Auflagen geben könne.

Und allein für die Restrukturierung der Banken brauchen die Iren mindestens 50 Milliarden Euro, der Gesamtbedarf wird auf bis zu 90 Milliarden Euro geschätzt. Experten fürchten sogar, dass die riesigen Geldinstitute noch einige Leichen im Keller haben könnten.

Jener Betrag, den die Briten bilateral beitragen könnten, würde die Last auf den Rettungsschirm reduzieren, meinte der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble. "Großbritannien weiß, dass es in besonderer Weise nachbarschaftliche Beziehungen hat." Diese bestehen freilich auch darin, dass die Briten rund 110 Milliarden Euro Forderungen gegenüber den trudelnden Großbanken auf der Nachbarinsel haben, die sie im Falle des Kollapses wohl großteils abschreiben könnten.

Eindringlich erklärten Schäuble und Rehn, dass die anstehende Hilfe für Griechenland nichts mit dem permanenten Krisenmechanismus zu tun habe, den die Staats- und Regierungschefs bei ihrem letzten Gipfeltreffen im Oktober auf den Weg gebracht haben. Damals hatte es die für die Märkte offensichtlich wenig Vertrauen erweckende Diskussion um Abstriche von privaten Forderungen bei Staatspleiten gegeben, also Ausfälle von Teilen von Staatsanleihen. "Die Einbeziehung des privaten Sektors nach 2013 gilt für keine bis dahin ausständigen Schulden", betonte Rehn. Die Debatte über den permanenten Krisenmechanismus "hat überhaupt nichts damit zu tun", erklärte Schäuble nach dem Treffen zu Irland.

Pröll sorgt für Verwirrung

Für Verwirrung sorgte indes der österreichische Finanzminister Josef Pröll: Die Auszahlung des heimischen Anteils an der dritten Tranche des Notkreditpakets für Griechenland werde von Dezember auf Jänner verschoben, sagte er. Die Griechen hätten "einnahmenseitige Vorgaben" nicht erfüllt. Über die dritte Auszahlung werde beim Treffen im Dezember entschieden, sagte Rehn. Eine Auszahlung vor Jänner sei nie geplant gewesen, hieß es in Kommissionskreisen. Österreichs Anteil an der Neun-Milliarden-Tranche sind 190 Millionen Euro.