ÖH will von Facultas-Traumgage nichts gewusst haben. Änderung erst ab 2015.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 10 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Wien. Wieso verdient der Geschäftsführer des ÖH-Verlags Facultas mehr als der Bundeskanzler? Warum bewilligt der Aufsichtsrat, der von der Österreichischen Hochschülerschaft (ÖH) bestellt wird, ein Gehalt von 458.600 Euro für das Jahr 2012? Wer hätte gedacht, dass sich ein ehemals kleiner Copyshop einmal mit solchen Vorwürfen konfrontiert sieht? Das Honorar sei "historisch bedingt, entspricht dem Erfolg des Unternehmens", sagt Aufsichtsratsvorsitzender Georg Klöckler zur "Wiener Zeitung".
900.000 Euro Gewinn 2011
An der Facultas’schen Erfolgsstory war Geschäftsführer Thomas Stauffer tatsächlich nicht unbeteiligt: 1976 startete der kleine Copyshop, der bis in die 1990er Jahre von Studenten betrieben wurde. Später wurde der Servicebetrieb zur GmbH, als er 2001 in eine AG umgewandelt wurde, übernahm Stauffer, der nicht weisungsgebunden ist. Er fährt seither einen Expansionskurs, hat über Österreichs Grenzen hinweg kleinere Verlage aufgekauft. Inzwischen gibt es 24 Standorte, Facultas ist nach Thalia, Libro und Morawa der viertgrößte Buchhändler Österreichs. In Zahlen: Acht Millionen Euro Rücklagen, 400.000 Euro Gewinn im Jahr 2012, ein Jahr später kratzte der Gewinn an der 900.000-Euro-Marke. Aus Letzterem resultiert auch Stauffers hohes Gehalt; im Jahr 2012 wurden fette Boni für 2011 ausbezahlt.
Die ÖH an der Wirtschaftsuniversität (WU) Wien, der 50 Prozent von Facultas gehört, will von der Höhe des Gehalts ihres Geschäftsführers nichts gewusst haben. Beim Bekanntwerden der Bezüge sei sie "irritiert" gewesen, sagt Chiara Werner-Tutschku, Vorsitzende der ÖH an der WU Wien. Der ÖH der Uni Wien gehören die restlichen 50 Prozent, auch die gibt sich "sehr überrascht" über das Ausmaß der Bezüge, sagt eine Pressesprecherin. Klöckler sagt, er habe die Eigentümerin immer informiert. Es sei jedoch "ÖH-spezifisch", dass die Eigentümerschaft aufgrund der ÖH-Wahl alle zwei Jahre wechsle, und es sei möglich, dass sich noch nicht jeder Eigentümervertreter im Detail mit der Materie auseinandergesetzt habe.
Das will die ÖH nun ändern und will dafür sorgen, dass es nicht mehr zu so hohen Auszahlungen kommt - eine "geringere oder keine Gewinnbeteiligung" des Geschäftsführers wird überlegt. Klöckler beteuert, man werde dessen Vertrag bei der nächsten Aufsichtsratssitzung im Sommer prüfen. Doch derweil bleibt alles beim Alten, denn Stauffers Vertrag läuft bis 2015. Er selbst war urlaubsbedingt nicht erreichbar. "Ich habe auf das Wohl der AG zu schauen, nicht auf das Wohl des Eigentümers", hatte er in einem früheren Gespräch in Bezug auf Facultas zur "Wiener Zeitung" gesagt.
Neben Facultas betreibt die ÖH an den Technischen Unis in Wien und Graz oder an der Uni Innsbruck Servicebetriebe in Form von GmbHs - Facultas ist bisher der einzige Betrieb, der in eine AG umgewandelt wurde.
40 Prozent der Studi-Heime
Die ÖH hat aber auch bei den Studentenheimen ihre Finger im Spiel: Sie ist zu 40 Prozent am Studentenwohnservice, einer Tochterfirma von "Home4Students", beteiligt, die wiederum einer von der ÖH gegründeten Stiftung gehört. Diese agiert jedoch seit 1959 eigenständig, wie Thomas Schach, einer der beiden Geschäftsführer, betont. Auf die Frage hin, ob er ebenso gut verdiene wie Herr Stauffer, sagt er: "Bei Weitem nicht", und lacht. Der Umsatz der 16 Studentenheime betrug 2012 7,2 Millionen Euro - auch dieser nimmt sich im Vergleich zu Facultas’ 18 Millionen im selben Jahr bescheiden aus.