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Irrlicht und Lichtgestalt

Von Reinhard Göweil

Leitartikel
Chefredakteur Reinhard Göweil.

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Das Team Stronach wird wohl in den Nationalrat gewählt, die Neos werden es eher nicht. So sehen die Umfragen drei Wochen vor der Wahl aus. Das ist einigermaßen erstaunlich, denn Frank Stronach irrlichtert durch die politische Landschaft, wogegen Hans Peter Haselsteiner in seinen politischen Aussagen sehr stabil ist. Und der Österreicher liebt eigentlich Stabilität.

Stronach ist einmal gegen und dann wieder für die Gewerkschaften. Er wettert gegen Funktionäre, doch sein Team besteht aus langjährigen Funktionären (anderer Parteien). Er schwadroniert über die Todesstrafe, was so arg ist, dass einem die Luft wegbleibt. Stronach ist das Gegenteil von Stabilität.

Haselsteiner, als Konzerngründer wenigstens so erfolgreich wie Stronach, vertritt immer schon klassische liberale Positionen mit sozialem Antlitz. Vielleicht ist er zu spät in den Ring gestiegen, doch eigentlich müsste es die Partei der Neos sein, die sicher in den Nationalrat einziehen kann.

Erschütternd, dass es umgekehrt ist. Denn an diesem Beispiel zeigt sich deutlich, dass reiche Privatleute mit ausreichend finanziellem Einsatz eine Partei in die Volksvertretung hieven können. Stronach hat bisher zehnmal so viel in seine politischen Ambitionen gebuttert wie Haselsteiner in die Neos. Geld ersetzt Inhalt.

Interessanterweise taucht diese demokratiepolitisch wesentliche Debatte zwar hie und da auf, doch sie wird nicht besonders intensiv geführt. Vielleicht ist es tatsächlich so, dass Österreich - wie es Hannes Androsch früher einmal in einem Buch beschrieb - eine "Elite-Demokratie" ist. Reformen kommen von oben, nicht von unten.

Die Erklärung mag stimmen, besonders sympathisch ist sie nicht. Das gesellschaftliche Engagement der Bürger fokussiert sich weniger in der Politik, dafür in Hilfsorganisationen.

Das ist ein Jammer, weil es die Organisation des Staates den Politikern und Beamten überlässt. Wohin das führen kann, sieht man in der Bildungs- und Gesundheitspolitik. Beide Bereiche leiden stark am Zuständigkeiten-Fleckerlteppich.

Stronach kommt nun als autokratischer Konzernboss daher, der den Leuten vermittelt, er wisse, wo es langgeht. Haselsteiners Kompetenz vermittelt diesen Eindruck auch, er irrlichtert allerdings nicht. Leider verläuft genau dazwischen die Vier-Prozent-Grenze, die über den Einzug in die Volksvertretung entscheidet.