Tenor: Das Gemeinsame vor das Trennende stellen. | Straches Aussagen sorgen für internationale Empörung. | Wien. Die internationale Konferenz zum Thema "Islam in einer pluralistischen Welt" ging am Mittwoch, zu Ende. Für einige Tage, so schien es, hatte Österreich schon die EU-Präsidentschaft inne. Die hohe Anzahl prominenter Gäste, das enorme mediale Interesse und die rigorosen Sicherheitsvorkehrungen rund um die Hofburg deuteten schon von außen "das wichtige Gipfeltreffen mit dem Who is Who des Islams" (Zitat eines arabischen Journalisten) in der Wiener Innenstadt an.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 19 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Die schon länger anberaumte Tagung bekam durch die Krawalle in Paris und in anderen europäischen Städten einen noch höheren Aktualitätswert. Deshalb wurde auch das Thema Gewalt und Gewaltbereitschaft von Jugendlichen mehrfach thematisiert. Als Abschluss der dreitägigen Veranstaltung gab es eine Diskussion über "Kulturen im Konflikt und im Dialog" mit prominenten Gästen. Unter anderem nahmen der Ökumenische Patriarch von Konstantinopel, Bartholomaios I., der Wiener Erzbischof Kardinal Christoph Schönborn, der Großmufti von Syrien, Ahmed Bader Hassun, und Rabbi Arthur Schneier, Präsident der New Yorker "Appeal of Conscience Foundation", daran teil.
"Konflikte im Politischen begründet"
Der Ökumenische Patriarch Bartholomaios I. forderte die Gleichberechtigung der Christen in allen mehrheitlich muslimischen Ländern. Zugleich unterstrich der Patriarch, dass die Konflikte zwischen Muslimen und Christen ihre Wurzeln in der Politik und nicht im Glauben hätten. Immer wieder in der Geschichte sei Religion politisch dazu missbraucht worden, Feindschaft zu säen und Menschen zu Intoleranz und Fanatismus anzustacheln. Es gebe aber "keine religiösen Gründe für einen gewalttätigen Konflikt zwischen Christen und Muslimen".
Einig waren sich alle Diskussionsteilnehmer darin, dass der interreligiöse Dialog wichtig sei, denn es sei die Pflicht religiöser Führer, bestehende Konflikte wegen nationaler, wirtschaftlicher, ideologischer oder anderer Motive überwinden bzw. vermeiden.
Auch der Wiener Erzbischof Kardinal Christoph Schönborn äußerte seine Sorge wegen jeglicher Art des Extremismus und der zunehmenden Gewaltbereitschaft in der Welt. Es gelte, sich auf die Herausforderungen der pluralistischen Welt einzustellen. "Wir müssen die Sorgen gegenseitig auf den Tisch legen, nötige Korrekturen sollten auf die Agenda kommen."
Eingehender Dialog blieb aus
Insgesamt blieben die Stellungnahmen sehr an der Oberfläche. Konkrete Lösungsansätze oder eine substantielle Erörterung der Problematik fehlten. Anwesende Journalisten zeigten sich vor allem darüber enttäuscht, dass man eine eingehende Auseinandersetzung mit der Jugend-Problematik schuldig geblieben sei. Auch vermissten sie einen intensiven Dialog über die Ursachen der Spannungen zwischen islamischer und westlicher Welt.
Die streng bewachte Konferenz, bei der es zu keinen Zwischenfällen kam, war für die Sicherheitsbeamten gewiss eine "Generalprobe" für Großveranstaltungen ähnlicher Art, die im Rahmen der österreichischen EU-Präsidentschaft in Wien stattfinden sollen. Das Thema "Islam" wird im Rahmen der Präsidentschaft sicherlich ein Schwerpunkt sein, denn der Dialog der Kulturen, so Bundeskanzler Wolfgang Schüssel müsse auf jeden Fall fortgeführt werden. Insgesamt, so der Tenor der Konferenzteilnehmer, müsse das Gemeinsame vor das Trennende gestellt werden.
Einer, der der dreitägigen Konferenz überhaupt nichts abgewinnen konnte, war der FPÖ-Obmann Heinz Christian Strache. Er hat in den vergangenen Tagen immer wieder scharfe Kritik an der Islam-Konferenz geübt. Für ihn, so Strache, stelle die Konferenz "ein geschmackloses Ablenkungsmanöver" dar. Eine Konferenz der Schengen-Mitglieder gegen den Handel mit Visa wäre ein wesentlich aktuelleres Konferenzthema gewesen.
"Was jedoch im Vorfeld des EU-Ratsvorsitzes Österreichs allenfalls vonnöten gewesen wäre, wäre die Auseinandersetzung der Ursachen und Auswirkungen bezüglich des europäischen Niedergangs gewesen. Diese Auseinandersetzung fand jedoch bekanntlich nicht bei der Islam-Konferenz, sondern beim Kontaktforum europäischer patriotischer Parteien und Bewegungen statt", ließ der FP-Obmann verkünden. Er spielte auf das Treffen extrem rechter Parteien an, das auf Einladung der Freiheitlichen Akademie am Wochenende in Wien stattfand. Dort wurde eine gemeinsame Erklärung verabschiedet, die unter anderem einen sofortigen Einwanderungsstopp in der gesamten EU verlangt.
Strache-Kritik an Konferenz
Strache kritisierte auch die Auswahl der "Stargäste" auf der Islam-Konferenz - neben dem "politisch gescheiterten iranischen Ex-Präsidenten" Mohammad Khatami der irakische Staatspräsident Jalal Talabani und der Präsident Afghanistans Hamid Karzai. Offenbar sei "den Gastgebern der österreichischen Bundesregierung dabei nicht bewußt, mit wem sie sich dabei eingelassen" hätten.
"Der im Zuge des völkerrechtswidrigen Krieges gegen den Irak in das Präsidentenamt gehievte Jalal Talabani" sei "wesentlicher Drahtzieher jener kurdischer 'Peshmerga-Milizen', die seit Beginn der US-Invasion 'ethnische Säuberungen' gegen die sunnitische Bevölkerung in Zentral- und Nordirak exekutierten, während Präsident Hamid Karzai, vormals Berater des US-Energiekonzerns 'Unocal', im Schutze der US-Privatsöldner-Truppe 'Blackwater' aus dem Kabuler 'Präsidentenbunker'" regiere.
Es stelle sich die Frage, "inwieweit diese beiden 'Staatpräsidenten' zentrale Mitverantwortung an den 'Kollateralschäden' gegen die Bevölkerung des Iraks und Afghanistans" trügen.
Auf diese scharfen Worte reagierte die arabische Welt mit Empörung. Ein Konferenzteilnehmer sprach sogar im Zusammenhang mit Straches Aussagen von einem "schwarzen Tuch", das sich über die Islam-Konferenz gelegt habe.