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Jerusalem - Israels Plan, Familienangehörige von Drahtziehern palästinensischer Terroranschläge künftig vom Westjordanland in den Gaza-Streifen zu deportieren, ist als völkerrechtswidrige Kollektivstrafe weltweit scharf kritisiert worden.
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Selbst der israelische Generalstaatsanwalt Eliakim Rubinstein äußerte Zweifel an der Rechtmäßigkeit allgemeiner Ausweisungen. Doch die Regierung von Ministerpräsident Ariel Sharon und die Armeeführung schienen zumindest vor den Gesprächen mit den Palästinensern entschlossen, die als "Sippenhaft" verurteilte Strafmaßnahme umzusetzen.
Die jüngsten Terroranschläge haben die israelische Führung in tiefe Ratlosigkeit gestürzt. "Wir haben keine andere Wahl, als neuartige Methoden auszuprobieren, um den Terrorismus zu bekämpfen", meinte der Ex-General Yom Tov Samia am Sonntag.
Hunderte abgeschoben
Israel hat seit der Besetzung der Palästinensergebiete 1967 immer wieder zu den Mitteln der Deportation und der Zerstörung von Häusern ihrer Familien gegriffen. Hunderte von Palästinensern, denen die Beteiligung an Terroranschlägen oder an bewaffnetem Widerstand gegen Israel zur Last gelegt wurde, wurden in die Nachbarländer abgeschoben.
Bei der Zerstörung von Häusern berief sich Israel stets auf die britische Mandatsmacht, die bereits in den 30er Jahren zu diesem brachialen Mittel griff. 1994 entschied das Oberste Gericht Israels, dass diese Maßnahme durch den militärischen Ausnahmezustand gerechtfertigt sei, der bis heute in den Palästinensergebieten herrscht. Außerdem handle es sich nicht um eine "Strafe", sondern um "Abschreckung". In einem weiteren Urteil 1996 forderten die Höchstrichter allerdings, dass bei solchen Aktionen die "Verhältnismäßigkeit" gewahrt werden müsse.
Mit der geplanten Ausweisung von Familienangehörigen von mutmaßlichen Tätern begibt sich die Regierung Sharon jedoch auf anstößiges Terrain. Der Sprecher des US-Außenministeriums, Richard Boucher, meinte: "Wir glauben nicht, dass Strafmaßnahmen gegen Unschuldige Israels Sicherheitsprobleme lösen." Davon aber scheinen israelische Regierungsvertreter und die Armeeführung überzeugt. Israelische Zeitungen zitierten Sonntag einen hohen Offizier : Die Ausweisungen hätten "einen extremen Abschreckungseffekt und würden künftige Selbstmordattentäter aus Sorge um das Schicksal ihrer Familien zwei Mal nachdenken lassen."
"Auge um Auge"
Einer der radikalsten Verfechter harter Strafmaßnahmen, der Ex-General und Ex-Vizepremier Raphael Eytan, zitierte am Sonntag ausdrücklich das biblische Motto "Auge um Auge, Zahn um Zahn". Und er forderte: "Wir sollten unsere Feinde in diesem Krieg nicht wie zivilisierte Menschen behandeln."