Zehn Monate hat es gedauert, bis Israel gestern erstmals jenes Bildmaterial zu Gesicht bekommen hat, das Aufschluss über die Entführung von drei Soldaten durch die Hisbollah Anfang Oktober im Südlibanon geben könnte.
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Die Video-Bänder hatten indische Blauhelme, die an der Grenze stationiert waren, kurz nach der Entführung aufgenommen und an das UNO-Hauptquartier in New York weitergeleitet. Dort verschwanden sie in der Schublade. Am Freitag der Vorwoche hatten die Vereinten Nationen erstmals zugegeben, im Besitz des Materials zu sein, nachdem Israel schon vor Monaten über informelle Informationskanäle Wind bekommen hatte. Am Sonntag verlangte Ministerpräsident Ariel Sharon bei einem Telefongespräch mit UNO-Generalsekretär Kofi Annan mit Nachdruck die Herausgabe aller Beweisstücke. Mit Erfolg.
Erstmals durfte nun am Dienstag ein israelisches Expertenteam am UNO-Hauptsitz in New York die Videobänder und anderes Beweismaterial begutachten, mit dem es erhofft, Aufschluss darüber zu erhalten, ob die Soldaten überhaupt noch am Leben sind. Die Aufnahmen, die die UNO-Truppe in Libanon (UNIFIL) 18 Stunden nach der Verschleppung der Soldaten am 7. Oktober gemacht hatte, lassen Zweifel aufkommen. Die Bänder zeigen das Fahrzeug, das bei der Entführung der vermutlich schwer verletzten Männer von der schiitischen Hisbollah-Miliz benutzt worden war. Große Blutlachen auf Textilien im Entführungsauto sind zu sehen.
Laut UNO-Sprecher Fred Eckhard handelt es sich um insgesamt drei Videos: ein bearbeitetes, ein weiteres neu entdecktes und ein noch nicht editiertes. Zudem wurden sieben mit dem Blut der Soldaten getränkte Gegenstände sichergestellt. Das Team aus Jerusalem will nun die Bänder in Augenschein und Blutproben für eine DNA-Analyse nehmen. Von den Soldaten fehlt bis heute jede Spur. Die Hisbollah, die die Entführten gegen libanesische und palästinensische Gefangene in Israel austauschen will, weigert sich auch beharrlich, Hinweise über den Zustand der Geiseln zu geben.
Eckhard räumte nun ein, dass die UNO "den menschlichen Wert der Informationen (über die Soldaten) nicht angemessen eingeschätzt hatten. Sie hätten in der Informationskette weiter nach oben gelangen müssen", sagte Eckhard mit Bezug auf das Ergebnis einer internen UNO-Untersuchung.