Zum Hauptinhalt springen

Israel-Iran: Mehr als nur Säbelrasseln?

Von Walter Feichtinger

Gastkommentare
Walter Feichtinger ist Brigadier an der Landesverteidigungsakademie.

Die US-Regierung vermutet, dass der Iran in einem Jahr mehrere Atomwaffen haben könnte. Das nährt die Sorge vor einem baldigen israelischen Angriff.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 12 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Aufgrund der Umbrüche in Arabien, des US-Wahlkampfs und der Entschlossenheit der israelischen Regierung scheint die Wahrscheinlichkeit militärischer Aktionen gegen den Iran diesmal größer zu sein als in bisherigen Krisensituationen. Israelische Luftangriffe gegen Atomanlagen gab es bereits im Irak und in Syrien, militärische Operationen gegen den Iran wären also eine konsequente Fortsetzung im Bestreben, die atomare Monopolmacht in der Region zu bleiben. Der Unterschied bestünde darin, dass wegen der schieren Größe des Iran ein umfassender Vernichtungsschlag unmöglich wäre. Gezielte Luftschläge könnten aber wesentliche Komponenten nachhaltig zerstören und das Programm um Jahre zurückwerfen.

Abgesehen von weltweiter rhetorischer Entrüstung hielten sich die realen Gegenmaßnahmen nach Einschätzung mancher israelischer Politiker und Militärs in Grenzen. Denn kein arabischer Nachbar könnte Israel militärisch ernsthaft gefährden - sofern sich arabische Staaten überhaupt mit dem Iran solidarisieren würden.

Somit bleibt die Frage, wie der Iran selbst einen Angriff verhindern oder beantworten würde. Möglich wären ein Einlenken und die von der IAEO geforderte Kooperation bei der Kontrolle des Atomprogramms. Die verschärften EU-Sanktionen, die US-Drohungen und das Damoklesschwert eines israelischen Militärschlags könnten tatsächlich zu einer Neuausrichtung der Außenpolitik des Iran führen. Weiters bliebe neben präventiver Rhetorik mit der Androhung weltweiter Vergeltungsmaßnahmen im Angriffsfall die Möglichkeit direkter militärischer Gegenschläge auf Ziele in Israel oder auch in befreundeten Staaten in der Region oder weltweit. Mit einer Sperre der Straße von Hormus hingegen würde sich der Iran selbst am meisten wirtschaftlich schaden und Abnehmer wie China massiv verprellen. Auch die Instrumentalisierung der Hisbollah im Libanon und der Hamas in Gaza gegen Israel stieße vermutlich rasch an Grenzen. Dafür könnte der Iran die fragilen Friedensprozesse im Irak und in Afghanistan nachhaltig stören und einen "globalen Dschihad" fördern.

Israels Verteidigungsminister Ehud Barak stufte die Folgen einer iranischen Vergeltung auf Luftangriffe als erträglich ein: "Es wird weder 100.000 noch 10.000 oder 1000 Tote geben. Der Staat Israel wird auch nicht zerstört werden."

Aus militärischer Perspektive bleiben drei Fragen: Wie könnte Israels Luftwaffe die enormen Entfernungen zu den Zielen im Iran und dessen Luftabwehr überwinden? Schließlich wäre erst der Luftraum von Nachbarstaaten zu überfliegen, was wohl eine entsprechende militärdiplomatische, wenn nicht direkt-militärische Unterstützung durch die USA erfordern würde.

Wie könnte angesichts der gebunkerten oder unterirdischen Ziele eine entsprechende Wirkung erzielt werden? Vermutlich müssten die USA Spezialbomben liefern.

Und könnte Israel allfällige Gegenangriffe des Iran oder von Verbündeten abwehren? Sollte es tatsächlich eine Militäraktion Israels geben, wäre vermutlich kein US-Präsident in der Lage oder willens, Israel die Unterstützung zu versagen.