Zum Hauptinhalt springen

Israel und Palästina zweifeln am Friedenswillen der anderen Seite

Von Stefan Beig

Politik
Zuheir Elwazer und "WZ"-Mitarbeiter Stefan Beig.

Botschafter in Österreich über den Nahostkonflikt. | Wien. Auch 60 Jahre nach Israels Staatsgründung ist eine Einigung mit den Palästinensern in weiter Ferne. In zwei getrennten Gesprächen mit den diplomatischen Vertretern Israels und Palästinas in Österreich treten die Bruchlinien deutlich zutage.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 16 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

"Während die Israelis heute feiern, ist das für uns ein trauriger Tag", betont Zuheir Elwazer von der palästinensischen Vertretung. "Die Tage, die auf die Unabhängigkeitserklärung Israels folgten, haben sich im palästinensischen Gedächtnis als Katastrophe eingeprägt. Rund 800.000 Palästinenser wurden vertrieben und zu Flüchtlingen in den Nachbarländern. Auch ich gehöre dazu. Israel muss seine Verantwortung für diese Katastrophe zur Kenntnis nehmen."

Palästinas Flüchtlinge

Der israelische Botschafter Dan Ashbel zweifelt hingegen nicht an den friedlichen Absichten seines Landes: "In Israels Unabhängigkeitserklärung vom 14. Mai 1948 befindet sich der Satz: Wir richten unsere Hand zum Frieden mit unseren Nachbarn aus. Das konnte bisher jede israelische Regierung unterschreiben."

Ein Hauptstreitpunkt bleibt die Rückkehr der palästinensischen Flüchtlinge. "Die UNO-Resolution 194 sieht ein Rückkehrrecht vor", betont Elwazer. "Israel akzeptiert diese Resolution nicht." Dagegen meint Ashbel: "Diese Resolution ist keine Weltsicherheitsratsresolution. Dort steht auch nichts von einem Rückkehrrecht der Palästinenser in das heutige Israel. Es kann nicht sein, dass zuerst ein palästinensischer Staat entsteht und dann ein zweiter, das heutige Israel, in den die Palästinenser ebenfalls zurückkehren. Die Lösung besteht aus zwei Staaten für zwei Völker."

Doch für den palästinensischen Botschafter steht fest: "Eine Lösung führt an Jerusalem als palästinensischer Hauptstadt und der Rückkehr der Flüchtlinge nicht vorbei." Diese ungelöste Frage sei auch der Grund für die bestehenden palästinensischen Flüchtlingslager, die "eine zeitliche, vorübergehende Bedeutung haben. Sie sind der Schlüssel, um in unsere Heimat zurückzukehren."

Ashbel zweifelt an der friedlichen Absicht hinter diesen Plänen: "Der Vor-Vorgänger von Präsident Mahmoud Abbas, Ahmad Schuqairi, erklärte einmal: Unser Verlangen nach Rückkehr ist nur ein Mittel, um den Staat Israel von innen zu zerstören."

Israelische Siedlungen

Israels Existenz ist laut Elwazer hingegen kein Streitpunkt mehr. "1988 anerkannte der Palästinensische Nationalkongress indirekt das Existenzrecht Israels, indem er die UNO-Resolutionen 242 und 338 zur Kenntnis nahm." Und: "Wir hoffen auf den Tag, an dem beide Staaten friedlich Seite an Seite existieren werden."

Ein weiteres heißes Eisen ist der Siedlungsbau: "Wenn es Israel ernst ist mit dem Friedensprozess, dann muss es den illegalen Siedlungsbau beenden", so Elwazer. Ganz anders sieht das Dan Ashbel: "Israel zog sich aus dem Gaza-Streifen zurück. Heute wird es dafür täglich bombardiert. Man wird sich nur schwer davon überzeugen können, dass Rückzug Frieden bedeutet."

Und die Grenzziehung? "Heute benützt man pauschal den Terminus Die Grenzen von 1967. In Wahrheit waren das Waffenstillstandslinien, an die sich die andere Seite nicht gehalten hat", so Ashbel. Mit einigen Ländern sei eine Einigung geglückt: "Mit Ägypten und Jordanien konnten wir Friedensabkommen erreichen und klare Grenzen vereinbaren."

Zuheir Elwazer hofft nun auf die Rolle der Internationalen Gemeinschaft und begrüßt die jetzigen Bemühungen der USA unter Präsident George Bush.

Zur tristen wirtschaftlichen Lage Palästinas meint er: "Alle Einrichtungen, die dank der finanziellen Unterstützung der Geberländer aufgebaut wurden, zerstörte Israel seit der zweiten Intifada im Jahr 2000. Investoren schrecken vor Palästina wegen der fehlenden Sicherheit zurück. Ein weiteres Problem ist die Behinderung unserer Wirtschaft durch die israelische Blockade." Auch die weitere ökonomische Entwicklung werde vor allem von der Lösung der Palästinenserfrage abhängen. "Das Herzstück des Konflikts im Nahen Osten ist das Palästinaproblem. Mit seiner Lösung werden Armut und Depression aufhören."