Delegationen sollen sich schon diese Woche in Washington treffen.
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Tel Aviv. Die Nahost-Initiative des amerikanischen Außenministers John Kerry scheint vor dem Durchbruch zu stehen: Israel und die Palästinensische Autonomiebehörde in Ramallah haben sich auf die Wiederaufnahme von Friedensgesprächen geeinigt. Die israelischen und palästinensischen Delegationen sollen sich schon diese Woche zu ersten Gesprächen in Washington treffen.
Trotz monatelanger Shuttle-Diplomatie hat Kerry sein ursprüngliches Ziel jedoch nicht erreicht: Wr sollte gemeinsam mit Palästinenserpräsident Mahmud Abbas und dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu eine umfangreiche Grundlage für eine Friedenslösung ausarbeiten. Eine Basis für ein endgültiges Statusabkommen über Grenzen und andere Kernaspekten des Friedensprozesses gibt es also noch nicht.
Dennoch sind in den letzten Tagen wichtige Zugeständnisse an die Öffentlichkeit gedrungen, wie das prinzipielle Bekenntnis beider Seiten zu neunmonatigen Friedensgesprächen. Außerdem werde Israel rund 350 palästinensische Gefangene freilassen und vermutlich auch den Siedlungsbau beschränken. Die Palästinenser hätten hingegen zugestimmt, keine weiteren Anträge gegen Israel in den internationalen Organisationen der UNO einzubringen.
"Kerry hat es geschafft, die Parteien zu Gesten zu überreden. An den eigentlichen Konditionen hat sich bislang nichts getan", sagt Ofer Zalzberg, politischer Analyst bei der International Crisis Group in Jerusalem. Vorerst werde Kerry einen amerikanischen Friedensplan präsentieren. Welchen Aspekten Israel und die Palästinenser darin zustimmen, bleibe damit noch offen. Doch Kerry dürfte sich vorab in privaten Abkommen mit Netanyahu und Abbas Zusagen für die wichtigsten Teile seines Friedensplans eingeholt haben.
Kritik von innen
Der israelische Wirtschaftsminister und Vorsitzende der nationalistisch-religiösen Regierungspartei "Das jüdische Haus", Naftali Bennett, forderte am Montag ein Gesetz, das ein Friedensabkommen an eine Volksabstimmung binden würde. Andernfalls werde seine Partei gegen den Budgetentwurf stimmen, was die derzeitige Regierung sprengen könnte. Mit jedem Schritt den Netanyahu auf die Palästinenser zu macht, wächst der Druck von rechts-außen. Dabei auch von radikalen Stimmen seiner eigenen Partei, dem Likud.
Für den 78-jährigen Palästinenserpräsidenten Mahmud Abbas könnten breite Zugeständnisse an Israel, oder gar ein weiterer Fehlschlag, politisch ungemütlich werden. Auch die Unterstützer der Boykott-Bewegung gegen Israel kritisieren seinen Schritt zu Verhandlungen. Denn die politische Isolation Israels ging jüngst einen Schritt weiter: Die Europäische Union hat am Freitag eine neue Richtlinie erlassen, die ab 2014 verhindert, dass EU-Gelder in die völkerrechtswidrigen Siedlungen in den besetzten Palästinensergebieten fließen. "Der israelische Handel mit der EU bleibt aber unbeeinflusst", sagt Dan Catarivas, Direktor für Außenhandel beim Israelischen Industriellenverband. Die Produkte von Betrieben aus den Siedlungen würden schon jetzt trotz Freihandelsabkommen mit der EU verzollt. Treffen werden die neue Richtlinie allerdings geförderte Projekte, wie etwa für Universitäten in israelischen Siedlungen. "Die Auswirkungen sind eher politisch", so Catarivas. Schon vor etwa drei Jahren stand Kerrys Vorgängerin Hillary Clinton nach monatelangen Bemühungen an einem ähnlichen Punkt und scheiterte. Doch die politische Lage im Nahen Osten habe sich seitdem stark verändert, sagt Zalzberg. "Das könnte die Überlegungen von Abbas, Netanyahu und Kerry stark beeinflussen."
Die wachsende Isolation Israels durch die EU ist dabei nur ein Faktor. Dabei hat sich der diplomatische Druck aus der EU mit Anreizen aus den USA zu günstigen Bedingungen für Friedensgespräche vermengt. Auch weil Israel sicherheitspolitisch in Fragen des iranischen Atomprogramms und des Bürgerkrieges in Syrien stark von den Vereinigten Staaten abhängt. Doch auch der jüngste Umsturz in Ägypten und die Absetzung der Muslimbrüder durch das Militär waren ein Faktor: Die Unterstützung Kairos rückt nun von der islamistischen Hamas im Gazastreifen wieder ein Stück weiter zu Mahmud Abbas.