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Israel und Syrien verhandeln wieder

Von Sara Lemel

Politik

Tel Aviv. (dpa) Die überraschende Bekanntgabe von Friedensgesprächen mit Syrien hat in Israel für große Aufregung gesorgt. Mehr als acht Jahre nach dem Scheitern ihrer letzten Verhandlungen unternehmen die beiden Länder jetzt mit indirekten Gesprächen unter türkischer Vermittlung einen neuen Anlauf zur Lösung ihrer Kernstreitfrage, der Rückgabe der 1967 von Israel besetzten und 1981 annektierten Golan-Höhen. "Es ist immer besser, zu sprechen, als zu schießen, und ich freue mich, dass beide Seiten sich entschieden haben, dies zu tun", sagte der israelische Ministerpräsident Ehud Olmert.


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Noch strecken beide Seiten ihre Fühler ganz vorsichtig aus: Die Vertreter der beiden verfeindeten Staaten sitzen in Istanbul in zwei unterschiedlichen Hotels, zwischen denen türkische Vermittler pendeln. Eine der Aufgaben der Vermittler ist es nun, die Konfliktparteien dazu zu bringen, sich zu Verhandlungen von Angesicht zu Angesicht an einen Tisch zu setzen.

Bei allen Abzugsgegnern in Israel schlug die Nachricht wie eine Bombe ein, die Ablehnungsfront reichte von Koalition bis Opposition. Mitglieder beider Seiten warfen Olmert vor, die neuen Gespräche nur zum Schein zu führen, um von den polizeilichen Ermittlungen wegen Korruptionsvorwürfen gegen ihn abzulenken. Der stellvertretende Ministerpräsident Eli Yishai warnte, Syrien sei immer noch eine Grundfeste der "Achse des Bösen". Man könne Syrien Israels Nordgrenze nicht anvertrauen.

Strategisches Gebiet

Als Gebirgsplateau, von dem aus man große Teile Israels überschauen und auch bis Damaskus Abhörgeräte einsetzen kann, gelten die Golan-Höhen in Israel als strategisch äußerst wichtiges Gebiet. Zudem sind der See Genezareth und Quellen auf den Golan-Höhen wichtige Wasserressourcen, die Israel weiter kontrollieren will. Angesichts der Bedenken strebt Israel einen langfristigen Pachtvertrag für das Gebiet an. Die syrische Forderung nach einem kompletten Abzug, der Syrien einen Zugang zu den Ufern des Sees Genezareth sichern würde, hatte Israel bisher zurückgewiesen.

Ein Friedensvertrag mit Syrien würde Israels regionale Sicherheit in Nahost jedoch erheblich verbessern. Es liegt im Interesse Israels, die aus seiner Sicht höchst bedrohliche Allianz zwischen Damaskus und Teheran zu durchtrennen, insbesondere angesichts der Befürchtungen vor einer nuklearen Aufrüstung des Iran. Ein Friedensschluss mit Syrien könnte auch die Bedrohung durch Hamas und Hisbollah, die ebenfalls vom Iran unterstützt werden, verringern.

Seit dem vergangenen Herbst hatte es wegen eines israelischen Luftschlags auf einen angeblichen Atomreaktor in Syrien und nach einem Bombenanschlag auf den Hisbollah-Militärchef Imad Moughniyah in Damaskus mehrfach Befürchtungen gegeben, es könne zu einem direkten Krieg zwischen Israel und Syrien kommen.

Die USA hatten Israel zuletzt Grünes Licht für neue Gespräche mit Syrien gegeben. US-Außenministerin Condoleezza Rice sagte vor dem jüngsten Besuch von Präsident George W. Bush in Israel, Washington werde kein Hindernis darstellen, wenn Israel Frieden mit seinen Nachbarn suche.

Kritik in Israel

Danny Yatom von der israelischen Arbeitspartei, Olmerts größtem Koalitionspartner, warf dem Regierungschef vor, Hintergrund der neuen Gespräche mit Syrien sei ein rein innenpolitisches und zynisches Kalkül. "Um zu überleben, ist er bereit, die ganze Welt einzuspannen, einschließlich durch Fragmente von Gesprächen", sagte Yatom, der in der Vergangenheit an den Verhandlungen mit Syrien beteiligt war.

Der Verband der Golan-Siedler berief umgehend eine Notstandssitzung ein. Der oppositionelle Likud warf Olmert den Ausverkauf der Golan-Höhen und Israels Sicherheit vor.