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Israelis gehen wieder auf die Barrikaden

Von WZ-Korrespondent Andreas Hackl

Politik

Tragödie zum Jahrestag: | Demonstrant zündet sich selbst an.


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Tel Aviv. Israels Proteste sind am Wochenende mit einer Tragödie zurückgekehrt. Zum einjährigen Jahrestag der Bewegung für soziale Gerechtigkeit übergoss sich ein Demonstrant mit brennbarer Flüssigkeit und zündete sich vor versammelter Menge an. Jetzt liegt er mit schweren Verbrennungen im Krankenhaus. "Der Staat hat mich beraubt", schrieb der 57-jährige Moshe Silman in einem Brief.

Es waren Schulden und Probleme mit der Sozialversicherung, die ihn in den Ruin getrieben hatten. Während Israels Ärzte noch um sein Leben kämpfen, ist er schon zum Symbol der zunehmend wütenden Protestbewegung geworden.

Alles begann am 14. Juli letzten Jahres, als zehn junge Israelis im Protest gegen hohe Mietpreise in Zelte im Zentrum von Tel Aviv gezogen sind. Die bisher größte Demonstration brachte im letzten September eine halbe Million Menschen auf die Straße. Diesen Samstag waren es nur rund 8000, doch Moshe Silmans Selbstverbrennung hat neue Impulse geschaffen. Bei einem Folgeprotest blockierten Tausende die Stadtautobahn in Tel Aviv. Am Montag wurde in einem Büro der Sozialversicherung Brand gelegt.

Es sind die persönlichen Schicksale, wie sie Moshe Silman erlebt hat, die viele Israelis gut nachempfinden können. So auch die 32-jährige Noga, die am Samstag dabei war, als Silman in Flammen aufging. "Mein Mann und ich arbeiten beide Vollzeit. Obwohl wir im billigsten Viertel von Tel Aviv wohnen, müssen wir uns die Wohnung mit meiner Schwester teilen, um über die Runden zu kommen", klagt Noga. Ihre Lage stehe symbolisch für die von vielen anderen, sagt sie. Die Probleme seien alle gleich geblieben. Die Mietpreise in Tel Aviv sind zwischen den 2005 und 2011 um satte 40 Prozent gestiegen, auch Noga muss jetzt plötzlich um 100 Euro mehr zahlen.