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Ausgang der Atom-Gespräche offen, anfängliche Begeisterung weicht.
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Genf/Teheran/Washington. Bei den Atomverhandlungen in Genf wird heftig um eine Einigung gerungen - vorerst ist der große Durchbruch nicht in Sicht. Gegenüber stehen sich die fünf UN-Vetomächte plus Deutschland und der Iran. "Es gibt weiterhin Meinungsverschiedenheiten in wichtigen Fragen", sagt die iranischer Seite weit weniger optimistisch als noch vor einigen Tagen. Teheran fordert, dass verloren gegangenes Vertrauen wiederhergestellt werde. "Wie immer liegt der Teufel im Detail", ärgert sich dann ein westlicher Diplomat. Ein hochrangiger US-Diplomat meint überhaupt, es werde "sehr schwer", eine Einigung noch in diese Woche zu erreichen.
Die Unsicherheit ist auf beiden Seiten groß. Schließlich hat es seit der islamischen Revolution 1979 im Iran kaum direkte Gespräche zwischen den als "Satan" apostrophierten USA und Teheran - einstmals Bestandteil der "Achse des Bösen" - gegeben. Nun geht es vor allem darum, versöhnliche Signale auszusenden - ein Unterfangen, das von Störsendern sabotiert wird.
Gesucht: Übergangslösung
Angestrebt wird jedenfalls ein Übergangsabkommen, bei dem Teheran im Gegenzug für die Aussetzung gewisser Sanktionen sein Atomprogramm einschränkt. Der Grad der iranischen Urananreicherung soll aber nicht Gegenstand jenes vorläufigen Abkommens ein. Der Westen will auf lange Sicht sicherstellen, dass der Iran Uran nicht auf 20 Prozent anreichern kann. Denn dann wäre der Sprung zur Atombombe kein großer mehr. Teheran macht auf der anderen Seite klar, dass ein kompletter Atom-Ausstieg nicht in Frage kommt.
Der Westen verdächtigt den Iran seit Jahren, insgeheim die Entwicklung von Atomwaffen voranzutreiben. Der neue, moderate iranische Präsident Hassan Rohani ist bemüht, den Konflikt zu lösen, damit die internationalen Sanktionen gegen sein Land gelockert werden. Auch der Westen will die Gelegenheit nutzen und einen internationalen Dauerzwist aus der Welt schaffen.
Der Weg ist allerdings hürdenreich. US-Außenminister John Kerry will kein Abkommen akzeptieren, das Teheran die Möglichkeit gibt, "Zeit zu gewinnen". Auch eine Übereinkunft, die den "grundsätzlichen Bedenken" der USA nicht Rechnung trage, komme nicht infrage. Das ist bedeutsam, denn es liegt alleine am Iran und den USA, ob es zum entscheidenden Durchbruch kommt oder nicht.
Für Irans neuen Präsidenten Rohani steht viel auf dem Spiel. Er ist unter Druck diverser konservativer Kreise, die jedes Nachgeben gegenüber dem Westen als Verrat kritisieren. Das Entgegenkommen im Atomstreit wird deshalb im Iran nach offizieller Sprachregelung "heroische Flexibilität" genannt.
Großer Gegner der Verhandlungen ist Israel. Premier Benjamin Netanyahu versucht, die Verhandler von der Gefährlichkeit des Iran zu überzeugen. Demnach basiert das iranische Entgegenkommen auf reiner Heuchelei. Rohani gilt als Wolf im Schafspelz. Am Donnerstag "versprach" Netanyahu, dass "der Iran niemals eine Atomwaffe haben wird". Er hat wiederholt damit gedroht, auch zu einem militärischen Alleingang gegen Teheran bereit zu sein.
Belastet werden die Verhandlungen in jedem Fall von einer neuen Verbalattacke des geistlichen Führers Ali Khameneis. Er hat Israels zuletzt - wenig diplomatisch - einen "tollwütigen Hund" genannt.