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Israels Ministerpräsident schreibt Nahost-Geschichte

Von Ines Scholz

Politik

Gaza-Rückzug spaltete den Likud. | Jerusalem. Auch das Jahr 2005 war ein turbulentes für den Nahen Osten. Vor allem Israels Ministerpräsident Ariel Sharon musste einen Nerven aufreibenden Kampf ausfechten, der den 77-Jährigen gesundheitlich schwer hernahm. Kurz vor Jahresende landete er wegen eines Hirnschlags für zwei Tage im Spital, in Kürze steht ihm ein Eingriff am Herzen bevor.


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Doch er hat sein Ziel erreicht und damit Geschichte geschrieben: Ende August zogen sich die Israelis nach 38 Jahren Besatzung aus dem Gazastreifen zurück. Der Preis, den der als Hardliner bekannte Politveteran für das Glanzstück zahlte, war allerdings hoch: Zu Beginn des Jahres musste er eine Koalition mit der Arbeiterpartei schmieden, weil sein Likud-Block gegen die Rückzugspläne mobil machte und der Premier die Mehrheit in der Knesset zu verlieren drohte.

Im August, knapp bevor Sharon die Gaza-Siedlungen unter lauten Buhrufen der jüdischen Ultrarechten, aber großem Beifall der Bevölkerungsmehrheit abreißen ließ, kam es zum endgültigen Zerwürfnis. Der Falke Benjamin Nethanyahu, der es bereits auf einen Parteiputsch gegen Sharon anlegte, trat als Finanzminister zurück. Sein Kalkül ging allerdings nicht auf: statt den Fehdehandschuh aufzunehmen, verließ der gewiefte Likud-Chef Sharon vor Jahresende seine politische Stammheimat, um mit einer neuen Zentrumspartei in die bevorstehende Wahlschlacht zu ziehen.

Im Wahlkampftaumel beenden auch die Palästinenser das Jahr 2005. Von einer hoffnungsvollen Zukunft können sie aber auch im Jahr eins der Post-Arafat-Ära nur träumen. Dessen im Jänner vereidigten Nachfolger, Präsident Mahmoud Abbas, gelang es trotz der von den radikalen Gruppen akzeptierten Waffenruhe nicht, den Friedensprozess mit Sharon wieder anzukurbeln.

Im Gegenteil: Israel annektierte mit Hilfe des errichteten Sperrwalls weitere Teile der Westbank und machte damit die Aussicht auf einen lebensfähigen Palästinenserstaat gemäß Nahost-Friedensplan langfristig zunichte.

Diese Politik führte zu einem enormen Zulauf zur Hamas bei den Lokalwahlen und massiven Spannungen innerhalb von Abbas Fatah-Bewegung.