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Tel Aviv. Israelische Soldaten haben ihrer Militärführung erneut vorgeworfen, sie während des jüngsten Gazakriegs zu mutwilliger Zerstörung und Gewalt gegen palästinensische Zivilisten ermutigt zu haben. Von der vor fünf Jahren gegründeten israelischen Organisation "Breaking the Silence" gibt es einen entsprechenden Bericht.
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Zu lesen sind 54 anonyme Aussagen von Kampfsoldaten, die zur Jahreswende an der dreiwöchigen Militäroffensive "Gegossenes Blei" teilnahmen. Bei dem Einsatz, der am 18. Jänner endete, waren mehr als 1400 Palästinenser getötet und 5000 weitere verletzt worden.
Die israelische Armee teilte mit, sie bedauere, "dass eine weitere Menschenrechtsorganisation Israel und der Welt einen Bericht vorlegt, der auf anonymen und allgemeinen Zeugenaussagen basiert, ohne ihren Hintergrund und ihre Glaubwürdigkeit zu prüfen". Es handle sich um "Diffamierung und Verleumdung der israelischen Armee und ihrer Kommandanten". Menschenrechtler haben schon mehrfach über brutales Vorgehen der israelischen Armee während des Feldzugs berichtet.
Unnötige Zerstörung und keine Moral
In dem jüngsten Bericht wird über Zeugenaussagen berichtet, nach denen Häuser und Moscheen unötig zerstört und Phosphorbomben in dicht bevölkerten Gebieten eingesetzt worden sein sollen. Zudem wird über eine Atmosphäre berichtet, die Soldaten zu wildem, ziellosem Schießen ermutigt habe. Soldaten hätten auch grundlos auf Wassertanks geschossen und Computer, Fernseher und andere Gegenstände in privaten Wohnungen zerstört. In mehreren Berichten war die Rede davon, dass palästinensische Zivilisten als "menschliche Schutzschilder" eingesetzt wurden.
Die Kommandanten hätten den Soldaten vermittelt, dass sie ohne moralische Einschränkungen vorgehen können und das wichtigste sei, dass kein israelisches Leben verloren geht. Einer der Soldaten erzählte, sein Kommandeur habe gesagt: "Keinem meiner Soldaten soll ein Haar gekrümmt werden und ich bin nicht bereit, es einem Soldaten zu erlauben, sich selbst durch Zögern zu gefährden. Wenn Du nicht sicher bist - schieße!" Im Zweifelsfalle habe man getötet. "Die Feuerkraft war wahnsinnig." Ein anderer Soldat berichtete von "Hass und Freude am Töten" unter seinen Kameraden.
"Man fühlt sich wie ein kleines Kind mit einem Vergrößerungsglas, dass Ameisen anschaut und sie verbrennt", sagte ein anderer Soldat dem Bericht zufolge. "Ein 20-Jähriger sollte anderen Menschen nicht diese Dinge antun müssen."
Michael Manekin von "Breaking the Silence" erklärte, die Zeugenaussagen bewiesen, "dass die unmoralische Art und Weise, auf die der Krieg geführt wurde, Schuld des Systems und nicht des individuellen Soldaten war". "Dies ist ein dringender Aufruf an die israelische Gesellschaft und Führung, einen unverschleierten Blick auf die Dummheit unserer Politik zu werfen." (APA/dpa/AFP)
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