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Ist der Zweite Weltkrieg doch noch nicht zu Ende?

Von Christian Ortner

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Christian Ortner.

Die Einführung des heute eher ungeliebten Euro war unvermeidbar; die dabei unterlaufenen schweren Fehler waren es jedoch nicht.


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Je öfter derzeit die Worte "Euro" und "Rettung" nur noch als bresthaftes Begriffspaar vorkommen, umso höher steigt bei den meisten Menschen der Angstpegel. Mit Recht fragen sie sich, ob ihr Geld eigentlich noch sicher ist. Und knüpfen daran oft die nachvollziehbare Frage: War es wirklich der Weisheit letzter Schluss, den guten Schilling oder die gute D-Mark gegen die Einheitswährung zu tauschen?

Aus rein ökonomischer Sicht ist diese Frage heute offener denn je. Ob der Euro unter dem Strich ein Gewinn für die Menschen der Eurozone ist oder eher eine Bürde, werden wahrscheinlich erst Wirtschaftshistoriker kommender Generationen abschließend beurteilen können.

Doch den Euro als rein wirtschaftliches Projekt zu bewerten, wird dem Problem nicht ganz gerecht. Denn dass wir heute mit Euros bezahlen, ist ja nicht die Folge einer primär wirtschaftlichen Logik, sondern in gewisser Weise eine Spätfolge des von Deutschland verlorenen Zweiten Weltkriegs. Hugo Portisch weist in seinem dieser Tage erschienenen Buch "Was jetzt" mit Recht darauf hin, dass der Euro überhaupt nicht aus ökonomischem Kalkül schon lange vor der Errichtung einer gemeinsamen EU-Wirtschaftspolitik eingeführt wurde, sondern aus rein geopolitischen Gründen der Jahre ab 1989. Hätte Deutschland damals nicht zugestimmt, seine D-Mark zugunsten einer europäischen Einheitswährung aufzugeben, hätte es mit Sicherheit keine Zustimmung der Franzosen zur Wiedervereinigung des kriegsbedingt geteilten Deutschland gegeben. Da die Deutschen aber die Möglichkeit zur Wiedervereinigung nicht verstreichen lassen wollten, ist der Euro als zwingende Konsequenz der Geschichte Europas zu verstehen. Man kann ihn deshalb durchaus als Preis für die Überwindung der Spaltung Europas nach 1945 begreifen. Bis zu einem gewissen Grad wird dadurch auch verständlich, warum sich die Politik über die Einwände vieler Ökonomen gegen eine Währungsunion ohne Wirtschaftsunion hinweggesetzt hat. Europas Wiedervereinigung schien einfach wichtiger.

Der Euro war in dieser Logik unvermeidbar. Durchaus vermeidbar wäre aber gewesen, Staaten wie Griechenland oder Portugal (unter Umständen auch Italien) an den Segnungen der Einheitswährung teilhaben zu lassen. Ein von vornherein als Hartwährungsblock konzipierter Euro - natürlich inklusive Frankreich - hätte die Bedingungen der europäischen Wiedervereinigung genauso erfüllt, hätte uns aber mit hoher Wahrscheinlichkeit die Krise dieser Tage erspart.

Dass es bekanntlich anders kam, ist hauptsächlich einer "pathetischen Politik" (© Jan Fleischhauer) der damaligen politischen Eliten zu danken, allen voran des deutschen Kanzlers Helmut Kohl, der für seinen künftigen Platz in der Ruhmeshalle europäischer Gründerväter valide ökonomische Argumente nonchalant zur Seite wischte. Wer, wie der Kanzler der deutschen Einheit, es nicht unter den Kategorien von Krieg und Frieden tat und dabei den "Mantel der Geschichte rauschen hörte", der ärgert sich halt nicht gerne mit den Krämern und Groschenzählern herum. Den Preis dafür, dass damals die ökonomische Realität zugunsten des politisch Erwünschten verdrängt wurde, haben wir heute zu entrichten. Aber das ist in der Politik ja oft so.

ortner@wienerzeitung.at