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Der Versuch, die großzügige Liquiditätsversorgung zum Teil an eine zusätzliche Kreditvergabe durch die Banken zu knüpfen, hat Vor- und Nachteile.
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Einer der Gründe für die Wirtschaftsflaute der Eurozone wird in der ungenügenden Kreditgewährung durch die Banken geortet. Offen bleibt, ob es sich eher um ein Angebots- oder um ein Nachfrageproblem handelt. Die Schwäche der Kreditnachfrage wird durch ungünstige Marktperspektiven und den Druck auf Unternehmen und Haushalte, ihre Verschuldung zu reduzieren, bestimmt. Das knappe Angebot ist die Folge verschärfter Kapitalunterlegungspflichten für Bankkredite und damit des Zwangs zum "Deleveraging" (= Substitution von Fremdkapital durch Eigenkapital beziehungsweise Reduktion von Fremdkapital). Zusätzlich erhöht die schlechte Wirtschaftslage generell das Risiko der Kreditgewährung von Banken.
Die Politik der Europäischen Zentralbank (EZB), den Banken nahezu kostenlos und unlimitiert kurz- und längerfristige Finanzierungsmittel zur Verfügung zu stellen und gleichzeitig die Qualität der im Gegenzug verlangten Sicherheiten herunterzuschrauben, brachte nicht die erwünschte Belebung der Kreditvergabe. Stattdessen fuhren die Banken - verständlicherweise - fort, Staaten, insbesondere jene, in denen sie domiziliert sind, zu finanzieren. Kredite an Staaten sind problematischerweise noch immer nicht kapitalunterlegungspflichtig, unabhängig von der jeweiligen Bonität des Landes. Darüber hinaus ist die Kreditgewährung an einen Staat wesentlich weniger aufwendig als an eine Vielzahl kleinerer Kreditnehmer.
In dieser Situation versuchte die EZB, Wege und Mittel zu finden, um ihre großzügige Liquiditätsversorgung zum Teil an eine zusätzliche Kreditvergabe durch die Banken zu knüpfen. Vor allem erklärte sie sich bereit, gebündelte und verbriefte Kreditforderungen der Banken gegenüber Unternehmen und Privaten, "asset backed securities" (ABS), zu kaufen. Zur Erinnerung: Solche mit US-Hypothekarkrediten unterlegte und mit bestem Rating versehene Wertpapiere waren Zündstoff für den Ausbruch der Finanzkrise.
Spielt die EZB mit dem Feuer? Ja und nein. Kreditverbriefung ist grundsätzlich sinnvoll. Banken können durch den Verkauf von Kreditforderungen diese aus ihrer Bilanz eliminieren und so gebundenes Haftungskapital freimachen. Gleichzeitig wird kleineren und mittleren Unternehmen ein indirekter Kapitalmarktzugang eröffnet. Und die EZB adressiert damit - im Gegensatz zur undifferenzierten Liquiditätsflutung - unmittelbar das erwähnte Kreditproblem.
Die Kehrseite ist die schwierige Beurteilung des Risikogehalts solcher Papiere für den Käufer, also die EZB. Sie müsste sich wohl ebenfalls auf externe Ratings stützen. Dazu kommt das Klumpenrisiko, dass bei einem Konjunktureinbruch alle Papiere gleichzeitig an Wert verlieren würden. Verschärft wird das Problem noch durch "moral hasard": Banken, die wissen, dass sie ihre Kreditforderungen ohnehin weiterverkaufen können, werden Kredite großzügiger vergeben.
Kurz, die EZB versucht, den Kreditmarkt zu verflüssigen, indem sie erhebliches Risiko auf ihre Bücher nimmt, für das letztlich die Eurostaaten haften. Der ehemalige Chefvolkswirt der EZB, Jürgen Stark, sieht daher die EZB bereits auf dem Weg zu einer Bad Bank.