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Ist die Verordnung wasserdicht?

Von Petra Medek

Wirtschaft

Verfassungsjurist Mayer zweifelt an der Grundlage. | Faymann kontert Rechtsbedenken. | Wien. Im ersten Halbjahr 2009 soll die Post keines ihrer Ämter schließen dürfen. So will es eine Verordnung, die Verkehrsminister Werner Faymann (SPÖ) in Begutachtung geschickt hat. Doch darf Faymann das der Post AG per Verordnung vorschreiben? Verfassungsjurist Heinz Mayer hat diesbezüglich Bedenken. "Eine Verordnung einer Verwaltungsbehörde kann nur auf Grund der Gesetze ergehen. Und ich sehe keine gesetzliche Grundlage, die eine solche Ermächtigung enthält", wird Mayer im "Ö1"-Morgenjournal zitiert.


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Darüber hinaus sei die Schließung von Postämtern die Sache des Vorstandes - nicht des Aufsichtsrates und schon gar nicht des Eigentümervertreters. Die Verordnung sei "ein Eingriff in die Rechtssphäre der Post, die eine juristische Person ist, und mittelbar natürlich auch ein Eingriff in die der privaten Aktionäre der Post", betonte Mayer.

"Wenn ich Post-Vorstand bin, beantrage ich einen Nachteilsausgleich", riet der Kapitalmarktbeauftragte Richard Schenz. Als Schadenersatz für das Einfrieren des Filialnetzes müsse ein Ausgleich über Zuschüsse erfolgen, zudem könnten Zusatzdividenden für Kleinaktionäre erforderlich werden.

Vorschrift und Privileg

Das Büro Faymann konterte mit Verweis auf das Postgesetz (siehe Kasten) , wonach der Infrastrukturminister zur Festlegung der "Dichte an Abhol- und Zugangspunkten" ermächtigt ist. Basis für die Universaldienstverordnung ist das Postgesetz. Dieses hält fest, dass den bundesweiten Universaldienst grundsätzlich die Österreichische Post AG zu erbringen hat. Im Gegenzug dafür, dass die Post die Österreicher flächendeckend mit Dienstleistungen zu versorgen hat, genießt das börsenotierte Unternehmen die Rechte auf die reservierten Bereiche, das heißt, auf Briefsendungen im Inland unter 50 Gramm. Daran wird sich bis zur vollständigen Marktöffnung 2011 nichts ändern.

Hat der Universaldienst leister Möglichkeiten, gegen die Verordnung vorzugehen? Unter Umständen, meint Verfassungsrechtler Bernd Christian Funk. Nämlich dann, wenn die Vorschriften vom Bund in den operativen Tätigkeitsbereich des Vorstandes eingreifen - etwa, wenn explizit aufgezählt würde, welche Standorte konkret zu schließen seien. "Wenn die Verordnung tatsächlich in die operative Ebene eingreift, kann sich die Post zur Wehr setzen", so Funk. Das Unternehmen könnte sich dann an den Verfassungsgerichtshof wenden, der die Verordnung daraufhin zu prüfen hätte.

Außerdem müsse eine Änderung der Universaldienstverordnung ohnehin nach Brüssel gemeldet werden, hält Funk fest. Sollte der Bund mit der Verordnung wettbewerbswidrig gehandelt haben, könnte dann sogar ein Vertragsverletzungsverfahren drohen.

Vorbereitungen möglich

Rechtsanwalt Dieter Natlacen glaubt jedoch nicht, dass die Sache so heiß gegessen wie gekocht wird. "In der Verordnung ist explizit nur von Schließungen die Rede", so der Post-Experte. Die Post könnte in dem Schließungsstopp-Zeitraum von sechs Monaten alle Schritte einleiten, die vor einer Schließung notwendig sind. Davon kennt das Postgesetz einige: Es gilt, alle Beteiligten zu informieren und mit den betroffenen Gemeinden innerhalb von drei Monaten nach alternativen Lösungen zu suchen. Natlacen: "Die Schließungsmodalitäten sind sehr ausgewogen und ausführlich - und überdies nur temporär außer Kraft gesetzt".

Wissen: Ein Auszug aus ein Auszug aus Paragraf 4 des Postgesetzes:

(2) Im Rahmen des Universaldienstes ist vom Betreiber zu gewährleisten, dass den Nutzern ständig Postdienstleistungen flächendeckend zu allgemein erschwinglichen Preisen und in einer solchen Qualität angeboten werden, dass den Bedürfnissen der Nutzer durch eine entsprechende Dichte an Abhol- und Zugangspunkten sowie durch die Abhol- und Zustellfrequenz entsprochen wird. Soweit vergleichbare Voraussetzungen gegeben sind, sind gleiche Leistungen für die Nutzer zu gewährleisten. Bei der Erbringung des Universaldienstes ist auf technische Entwicklungen sowie auf gesamtwirtschaftliche, regionale und soziale Aspekte sowie auf die Nachfrage der Nutzer Rücksicht zu nehmen.

(4) Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie kann durch Verordnung für die dem Universaldienst zuzurechnenden Dienstleistungen nähere Bestimmungen erlassen, wie insbesondere über die Dichte an Abhol- und Zugangspunkten, die Abhol- und Zustellfrequenz, die Berichtspflicht an die Regulierungsbehörde und die Weiterentwicklung des Universaldienstes. Dabei hat er auch auf geografische Gegebenheiten sowie auf die wirtschaftlichen Auswirkungen auf den Betreiber Rücksicht zu nehmen, um ein dauerhaft zufriedenstellendes Ergebnis des Universaldienstes zu gewährleisten.

(5) Der Universaldienstbetreiber hat ein Konzept zur Erbringung des Universaldienstes zu erstellen und der obersten Postbehörde bis spätestens 1. März jeden Jahres vorzulegen. Das Konzept ist jährlich zu aktualisieren; es kann bei Bedarf auch innerhalb des Jahres angepasst werden.