Die EU hat derzeit etliche Krisen zu bewältigen. Ist sie dazu auch fähig oder wird sie selbst Opfer dieser Krisen werden? Jüngste Beispiele weisen in eine positive Richtung. Die EU hat unter der überraschend starken französischen Präsidentschaft jetzt ein vorbildhaftes Klimapaket beschlossen. Nun muss eine global tätige EU dafür sorgen, dass dieses Paket andere Staaten und Regionen in Zugzwang bringt. Auch bei der Bewältigung der Krise im Kaukasus hat sich die EU als handlungsfähig erwiesen. Trotz interner Meinungsverschiedenheiten konnten der Krieg gestoppt und erste Ansätze einer Konfliktbeilegung geschaffen werden. Was wir für eine wirkliche Krisenbewältigung in dieser Region brauchen, ist - analog zur Union für das Mittelmeer - eine Union für das Schwarzmeer inklusive Russland und der Türkei.
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Die derzeit schwierigste Krise ist die Wirtschaftskrise, für deren Bewältigung die EU schlecht ausgestattet ist. Das Budget liegt unter einem Prozent des Bruttonationalprodukts der EU-27 und es fehlen effektive Instrumente zur Koordination der Wirtschaftspolitik. Zum Bremsen der nationalen Ausgaben stehen auf EU-Ebene ausreichend Möglichkeiten zur Verfügung, zu konjunkturbelebenden Investitionen können die Mitgliedstaaten hingegen nicht gezwungen werden.
Last not least die Legitimitätskrise der EU: Die schwache Unterstützung der EU durch die europäische und insbesondere die österreichische Bevölkerung ist angesichts der Erfolge der EU und der Notwendigkeit, global Einfluss zu nehmen, überraschend. In letzter Zeit hat sich die Stimmung etwas gebessert. Vor allem die Finanz- und Wirtschaftskrise haben gezeigt, dass es wichtig ist, einer Gemeinschaft anzugehören, die Unterstützung und Solidarität gewährt. Die am 1. Jänner beginnende tschechische Präsidentschaft lässt für ein positives EU-Image allerdings wenig hoffen. Ein äußerst EU-skeptischer Präsident Vaclav Klaus und eine ultraliberale und mutlose Regierung bieten schlechte Voraussetzungen für eine erfolgreiche Präsidentschaft.
In einer solchen Situation sind die einzelnen Mitgliedsländer und deren Regierungen gefragt, ganz besonders die neue österreichische Regierung. Die EU kann nicht durch Jubelbroschüren vermittelt werden. Wir brauchen einen ernsthaften Dialog über alternative Modelle, Europa zu gestalten. Gerade jetzt bietet sich die Möglichkeit, den Nutzen einer europäischen Gemeinschaft aufzuzeigen.
Dabei sollte man realistisch bleiben. Wir können die Wirtschaftskrise und deren Auswirkungen dämpfen, aber nicht grundsätzlich verhindern. Die Stärkung der EU, vor allem als globaler politischer, wirtschaftlicher und ökologischer Partner sowie eine offene, ehrliche Auseinandersetzung über die Politik der Union können die EU krisenfester machen.
Hannes Swoboda ist SPÖ-Europaabgeordneter und Vizepräsident der SPE-Fraktion im EU-Parlament.