Kindergarten-Pflicht für Grüne verfassungswidrig. | Jurist Janko: Nicht offensichtlich gegen die Verfassung. | Wien. Das von der Regierung am Mittwoch beschlossene verpflichtende und kostenpflichtige Kindergartenjahr (ab Herbst 2008) für jene mit Sprachdefiziten, hat zahlreiche Kritiker auf den Plan gerufen. Allen voran die Grünen, die in der Regelung einen Verstoß gegen die Verfassung sehen. "Etwas, das verpflichtend ist, kann nur kostenfrei sein. Die betroffenen Familien werden aber zumindest einen kleinen Beitrag zahlen müssen", so Bundesgeschäftsführerin Michaela Sburny.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 17 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Außerdem ist den Grünen nicht klar, wie man an vierjährigen Kindern Sprachschwierigkeiten feststellen will - der Sprachtest soll 15 Monate vor Schulbeginn stattfinden - und die Regelung würde vorwiegend auf Kinder mit Migrationshintergrund abzielen.
Für Verfassungsrechtler Andreas Janko von der Universität Linz liegt jedoch keine grundsätzliche Verfassungswidrigkeit vor. Die Argumentation der Grünen, dass etwas, das verpflichtend ist, kostenfrei sein muss, kann er gegenüber der "Wiener Zeitung" nicht nachvollziehen. Der Staat verpflichtet auch Autofahrer dazu, Schutzwesten mitzuführen, die sie selbst bezahlen müssen, führt er als Beispiel an. Für ihn steht vielmehr die Frage im Vordergrund: Trifft die Schulgeldfreiheit auf den Kindergarten zu? Er räumt ein, dass ein gewisser Kontext zur Schule besteht, denn es geht um Ausbildung.
Verfassungsrechtler Heinz Mayer sieht die geltende Schuldgeld-Freiheit mit dieser Regelung unterlaufen. Für Bernd-Christian Funk ergibt sich "ein Problem der Gleichbehandlung". Diejenigen, die dieses Angebot nicht kostenfrei in Anspruch nehmen können - ein Kindergartenplatz in Niederösterreich etwa ist gratis, in Wien nicht - seien benachteiligt.
"Das ist Föderalismus"
Auch hier sieht Janko auf den ersten Blick kein Problem. "Das ist Föderalismus. Jedes Bundesland kann seine eigenen Regeln haben". Die Schutzweste im Auto könne in Tirol mehr kosten als in Wien.
Es gebe zwar den Gleichheitsgrundsatz in der Verfassung, doch der Verfassungsgerichtshof habe erkannt, dass es absurd ist, einzelne Landesgesetze miteinander zu vergleichen. "Und der Kindergarten fällt momentan in die Kompetenz der Länder", sagte Janko. Bleibt die Frage offen: Fällt der Pflicht-Kindergarten in den Schulbereich?