Finanzministerium kann Vorwürfe nicht nachvollziehen. | Österreich zählt laut dem Schattenfinanzindex (FSI) des Tax Justice Network (TJN)zu den am wenigsten transparenten Finanzplätzen der Welt. Österreich nimmt im Ranking den 12. Rang ein, zwischen den Steueroasen Jersey (Platz 11) und Guernsey (Platz 13). An der Spitze steht der US-Staat Delaware. Das österreichische Finanzministerium hat TJN-Vorwürfe zurückgewiesen.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 14 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Im Gegensatz zu den Kriterien für die schwarzen/grauen/weißen Steueroasen-Listen der OECD stellt der Index nicht nur auf Bankgeheimnis, also Informationsaustausch auf Anfrage und Steuerabkommen ab, sondern untersucht, welche Finanzplätze weltweit am meisten zu Intransparenz und Verdunkelung im internationalen Finanzsystem beitragen.
"Der FSI stellt erstmals eine internationale Rangliste der Finanzplätze zusammen, die für die "Angebotsseite" der Korruption verantwortlich sind, betont TJN in seiner Pressemitteilung. Man hoffe, dass das neue Ranking der Steueroasen nach Bedeutung und Intransparenz einen "Scham-Effekt" haben werde, weil Finanzzentren vor allem von ihrem Ruf leben.
An der Spitze der "Verdunkelungsoasen" oder "Schattenfinanzplätze" - das Netzwerk Steuergerechtigkeit zieht diesen Begriff der üblichen Bezeichnung Steueroasen vor - steht der US-Bundesstaat Delaware, gefolgt von Luxemburg und der Schweiz. Unter den Top 10 des Financial Secrecy Index (FSI) finden sich mit der City of London, Irland und Belgien immerhin drei EU-Staaten, aber auch die Cayman Islands, Bermuda und die beiden asiatischen Finanzmetropolen Singapur und Hongkong.
Der FSI basiert auf 12 Kriterien wie der Existenz eines gesetzlichen Bankgeheimnisses oder eines öffentlichen Registers für Trusts und Stiftungen, aber auch in wie weit Details über wirtschaftliches Eigentum eines Unternehmens oder deren Jahresabschlüsse weltweit für weniger als 10 Dollar (6,76 Euro) verfügbar sind. Untersucht wurde auch, ob ein Land weniger als 60 bilaterale Steuerabkommen hat, sich am automatischen Informationsaustausch nach der europäischen Zinssteuerrichtlinie beteiligt oder die Empfehlungen der Geldwäscherichtlinie zumindest zu 90 Prozent umgesetzt wurden. Diese Intransparenzwerte wurden dann mit der globalen Bedeutung, also Größe, eines Finanzplatzes gewichtet. Insgesamt wurden 60 Staaten oder Territorien untersucht.
Österreich erfüllt laut TJN fast alle Kriterien, um als Schattenfinanzplatz zu gelten, dessen Gesetze und Regulierungen vor allem dazu dienen, Menschen Vorteile zu verschaffen, die nicht im Land selbst leben. Vor allem das heimische Stiftungsrecht und der geringe Zugang zu Bankdaten ist TJN ein Dorn im Auge.
Die jüngste Lockerung des Bankgeheimnisses für Ausländer, als Zugeständnis an die EU und die OECD, ist nach Ansicht von Experten in diesem Zusammenhang irrelevant. Die Anfrage einer Behörde werde in der Praxis oft wegen fehlender Beweise abgelehnt, die genau die sind, die die Behörde sucht. "Die Katze beißt sich in den Schwanz", so TJN. Und die erforderlichen 12 Doppelbesteuerungsabkommen könnten genauso gut mit anderen Steueroasen geschlossen werden.
Bei der Bewertung der Bedeutung Österreichs als Finanzplatz tut sich das Netzwerk etwas schwerer. Zwar werden keine genauen Angaben zum Anteil von Finanzdienstleistungen am Bruttoinlandsprodukt (BIP) oder zur Zahl der Anwälte oder der Steuerberater im Land gemacht. TJN geht aber davon aus, dass diese "erheblich" sind.
"Das Abschneiden Österreichs ist beschämend", kritisiert Christian Felber von der globalisierungskritischen Bewegung Attac, Mitglied und Mitbegründer des Netzwerks Steuergerechtigkeit. Als ersten Schritt müsse Österreich sofort die EU-Zinsrichtlinie übernehmen und in den automatischen Informationsaustausch einsteigen. Der Bericht halte ausdrücklich fest, dass Österreich "einen langen Weg vor sich hat", um die als transparent geltenden Finanzplätze einzuholen. "Entgegen allen Beteuerungen von Finanzminister Josef Pröll: Der Finanzplatz Österreich ist ein trüber Tümpel anstatt ein klarer Gebirgssee. Die dicken Fische der Steuerhinterziehung können sich darin problemlos verstecken", so Felber.
Finanzministerium weist Vorwürfe zurück
Das Finanzministerium sieht Österreich nicht als intransparenten Finanzplatz und hat alle TJN-Vorwürfe zurückgewiesen. Insbesondere die Kritik am österreichischen Stiftungsrecht will der Sprecher von Finanzminister Josef Pröll (ÖVP), Harald Waiglein, nicht gelten lassen.
Gemäß österreichischem Stiftungsrecht seien Stifter und Begünstigte im Firmenbuch registriert und bekannt, eine Ausnahme gebe es nur, wenn man den Begünstigten bei der Errichtung der Stiftung noch gar nicht kenne, betonte Waiglein. Trusts seien dagegen wesentlich undurchsichtiger. Österreich habe auch die Zinsbesteuerungsrichtlinie der EU übernommen.
Verwunderlich sei auch, dass laut dem Ranking Staaten wie Liberia, Liechtenstein und Monaco besser als Österreich eingestuft würden. Das sei in keinster Weise nachvollziehbar, so Waiglein. (APA)
Die Vorwürfe gegen Österreich im Detail