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Die nackten Zahlen zeigen: Österreich steht wirtschaftlich im Europavergleich noch immer sehr gut da. Aber genügt das?
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Österreichs Regierung ist mit ihrer Arbeit hochzufrieden. Österreich wächst das elfte Jahr in Folge stärker als der EU-Schnitt, hat einen Leistungsbilanzüberschuss, es wird mehr produziert als konsumiert, und unser Staat hat seit Monaten die niedrigste Arbeitslosigkeit in der EU. Alles ist sehr erfreulich!

Dennoch ist Österreich ein Land, das noch einige Herausforderungen zu bewältigen hat. In den aktuellen Wettbewerbsbeurteilungen verliert Österreich ständig an Standortattraktivität. Die Vergleiche weisen auf die hohe Abgabenquote und mangelnde Effizienz in der Verwaltung hin.
Die Arbeitslosenstatistik hat ein reales Standbein (heimische Unternehmen, die wachsen wollen und zum Beispiel Asien als eine Riesenchance nützen) und ein wackeliges (etliche Frühpensionisten, 900.000 Teilzeitbeschäftigte).
Nehmen wir als Beispiel ein börsenorientiertes, oberösterreichisches Familienunternehmen, das auf Sinterteile, Gleitlager und Reibbeläge spezialisiert ist. Die Firma liefert an die Pkw-, Lkw-, Schiffsbau-, Eisenbahn- und Energieindustrie, die gleichermaßen in China wie in Japan, Südkorea und Indien blühen. Bis 2015 soll der Umsatz auf eine 0,75 Milliarden Euro steigen, wobei der Asien-Anteil von derzeit 90 auf 150 Millionen Euro zunehmen soll. Die fünf Säulen dieses Erfolges sind der Technologievorsprung, die Internationalisierung, die Forschungsförderung , die Aufwertung des Standortes in Österreich sowie die Untermobilisierung Asiens. In China gibt es erst 34 Fahrzeuge je 1000 Einwohner, in Europa 520.
Das Unternehmen hat rund zwanzig Standorte in sieben Ländern.
Zur Zukunft gehören leider nicht nur visionäre und solide, wachsende Unternehmen. Trotz Rekordeinnahmen sind die Verbindlichkeiten der Republik seit 2008 um 44 Milliarden Euro oder 25 Prozent gestiegen.
In seinem Buch "Europa nach dem Fall" beklagt der Historiker Walter Laqueur: Nach 2015 wird die arbeitsfähige Bevölkerung abnehmen. Schon 2030 wird ein Viertel der Bevölkerung älter als 65 Jahre sein. Das wird nicht nur den Druck auf Europas Gesundheitssysteme und Pensionskassen erhöhen, sondern es bedeutet auch, dass eine weitaus kleinere Anzahl junger Menschen für das Wohlergehen einer weitaus größeren Gruppe älterer Menschen arbeiten muss, wenn der Lebensstandard erhalten werden oder zumindest dessen rapide Absenkung vermieden werden soll. Löst den Generationenvertrag ein Generationenkonflikt ab? Welche Folgen hat es, wenn die jüngere Generation zu einem erheblichen Teil aus Einwanderern oder deren Kindern besteht?
Hat Österreich die Kraft und den politischen Willen, eine wirklich wichtige Rolle auf der Weltbühne zu spielen? Wer gleicht die wachsende Wirtschaft und die konkrete, soziale Achtung aus?
Anshu Jain ist der neue Chef der Deutschen Bank. Ein Inder führt auch den größten Stahlkonzern Europas, Singapur ist ein Finanzplatz mit weltweiter Bedeutung. Sind wir uns selbst genug, zu wenig erfolgshungrig, in Ansehung unserer energischen Wohlstandserwartungen? Herausforderungen können nicht "weggeschwänzt" werden.