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Italien knapp vor dem Wahltag: Ungewisse Hoffnung auf Stabilität

Von Alexander U. Mathé

Analysen

Dass Italien ständig neue Regierungen bekommt, ist schon lange keine Neuheit mehr. Kein anderes westliches Land hat in so kurzer Zeit so viele Wechsel der Staatsmacht gesehen. Sage und schreibe 61 Regierungen waren es seit 1946. Trotzdem werden auch vor den anstehenden Parlamentswahlen in etwas mehr als einer Woche die zwei stärksten Kräfte nicht müde zu erklären, die neue Kraft im Land zu sein.


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Ein Blick auf die Wahlprogramme des Linkskandidat Walter Veltroni und des konservativen Herausforderer Silvio Berlusconi dürfte den Italienern jedoch genügen, um zu wissen, dass weder der eine noch der andere besonders originell ist. Beide wollen die Steuern senken, beide wollen einen Mindestlohn. Und als genüge das noch nicht, werfen die Premierministerkandidaten einander sogar vor, das Programm vom jeweils anderen abgeschrieben zu haben. Wenn schon nichts Neues ist unter der Sonne, so wird doch wenigstens für Unterhaltung gesorgt.

Dazu beigetragen hat auch die Zwergfraktion Christliche Demokratie (DC), wegen der die Wahl verschoben zu werden drohte. Weil sie fast identische Wahlsymbole wie die große Christdemokratische Zentrumspartei (UDC) hat, wurde sie von einer Wahlbeteiligung ausgeschlossen. Doch so einfach ließ sich die DC nicht abspeisen, kämpfte vor Gericht um ihre Zulassung und gewann - sehr zum Entsetzen der Großparteien. Daraufhin galt wegen der gesetzlich garantierten zweiwöchigen Wahlkampf-Mindestzeit für jede Partei eine Wahlverschiebung als gewiss.

Doch alsbald gab es Entwarnung, denn die DC verkündete, lediglich einen "symbolischen" Wahlkampf führen zu wollen, sich aber nicht um Mandate zu bemühen. Warum es dazu kam, kann man sich denken. Wie es dazu kam, darüber kann man nur spekulieren. Eines jedenfalls war wieder klar: Alles beim Alten.

Auch für die Zeit nach der Wahl bleibt noch Spielraum, um die nächste Regierungsperiode zur altbekannten Zitterpartie zu machen. Das liegt unter anderen am Senat. Dort haben beide Lager ein sehr ausgeglichenes Stimmenverhältnis. Das wiederum führt dazu, dass schon einzelne Abgeordnete oder Kleinfraktionen die Regierung zu Fall bringen können. Dieses Patt hatte schon der letzten Regierung ein frühes Ende beschert. Dass dies diesmal nicht passiert, dafür könnte jedoch das neue Wahlsystem sorgen, das für Kleinparteienden Einzug ins Parlament erschwert.

Auch die Konsolidierung vieler linker Splittergruppen in eine einheitliche Partei dürfte Veltroni im Falle eines Wahlsiegs helfen. Gewinnt jedoch Favorit Berlusconi, so könnte es diesmal er sein, der zittern muss, all seine Bündnispartner an Bord zu behalten.

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