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Italien stoppt den Import japanischer Lebensmittel

Von Alexander U. Mathé

Wirtschaft

Pazifik wird verseucht. | Österreich verschärft Kontrollen. | Wien. Mit der Atomkatastrophe in Japan steigt die Angst, radioaktiv verseuchte Lebensmittel könnten in die Nahrungskette in Europa gelangen. Italien hat bereits Lebensmittelimporte aus Japan gestoppt. Dies betrifft Produkte, die nach dem 11. März, also dem Tag des verheerenden Erdbebens in Japan, verarbeitet wurden, berichtete der italienische Gesundheitsminister Feruccio Fazio.


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Die Europäische Kommission hat am Dienstag den EU-Mitgliedstaaten empfohlen, aus Japan kommende Lebensmittel genau zu kontrollieren, sagte Frederic Vincent, Gesundheitssprecher der Europäischen Kommission gegenüber der "Wiener Zeitung".

An den Flughäfen Schwechat und Linz werden schon seit Montag japanische Produkte genau unter die Lupe genommen. Aber auch in Einfuhrstellen anderer Bundesländer werden diese Produkte Überprüfungen durch Strahlenschutzexperten unterzogen.

Zusätzliche Sicherheit bietet das RASFF (Rapid Alert System for Food and Feed), wie Vincent erklärte. Stößt ein EU-Land auf ein gesundheitsschädliches Nahrungsmittel, informiert es umgehend alle anderen davon, worauf eine EU-weite Blockierung erfolgt. Auf diesen Weg konnten etwa die in Deutschland aufgetauchte Dioxin-Verseuchung oder der Mozzarella-Skandal in Italien sofort eingedämmt werden.

Altbestände sichernicht kontaminiert

Grundsätzlich kann man davon ausgehen, dass alle Produkte aus Japan, die sich derzeit in Österreich beziehungsweise der EU befinden, nicht kontaminiert sind. Denn sie wurden lange vor der Katastrophe verarbeitet.

Überhaupt kommen nur bestimmte Lebensmittelspezialitäten aus Japan nach Österreich. 2010 importierte die EU aus Japan Lebensmittel im Wert von 65 Millionen Euro (zum Vergleich: Allein Österreichs jährlicher Sojaimport beläuft sich auf weit über 200 Millionen Euro).

Auf das klassische japanische Sushi-Essen wird man kaum verzichten müssen, stammt der Fisch dafür doch meist aus europäischen Gewässern. Problematischer könnte es in Zukunft aber bei den dafür verwendeten Algen werden. Denn Experten zufolge sind Japans Zuchtanlagen für Sushi-Algen in Gefahr, verstrahlt zu werden.

Auch wer sich ein Leben ohne Walfleisch oder exklusive Thunfischsorten aus Japan nicht vorstellen kann, wird es schwer haben. Denn abgesehen von den europäischen Sicherheitsmaßnahmen laufen die japanischen Fischbestände sehr wohl Gefahr, verseucht zu werden. Schließlich wurde die radioaktive Wolke vom Wind großteils auf das Meer geweht.

Sorgen bereit dabei weniger das relativ schnell (acht Tage) abgebaute radioaktive Jod als das Cäsium: Cs-134 hat eine Halbwertszeit von 2065 Jahren. Cs-137 wiederum hat eine Halbwertszeit von 30,7 Jahren. Die Wasserlöslichkeit der meisten Cäsiumverbindungen ist gut. Von einer möglichen radioaktiven Verseuchung betroffen sind die (auf Verpackungen üblicherweise ausgewiesenen) Fanggebiete im Pazifik. Am schlimmsten dürfte es das Fanggebiet 61, den Nordwestpazifik, treffen. Gefangen werden dort unter anderen Alaska-Seelachs, Kabeljau, Dorsch, Scholle, Seeteufel und Wildlachs.

Doch es ist zu erwarten, dass sich das Cäsium großflächig über dem Pazifischen Ozean ausbreiten wird, erklärte Ulrich Rieth, zuständig für Fischereiökologie am deutschen staatlichen Johann Heinrich von Thünen-Institut. Es kann mit dem Regen ins Meerwasser ausgewaschen werden, die Kontaminationen im Meerwasser werden sich aufgrund der Strömungsmuster schnell im Pazifik verteilen und dabei auch deutlich verdünnen. Somit ist auch mit einer Verseuchung des Nordostpazifik, Fanggebiet 67, zu rechnen, in dem zusätzlich noch Makrele, Hering, Rotbarsch, Seehecht und Dornhai gefischt werden. Aber auch die südlich gelegenen Gebiete Ost- und Westpazifik, 71 und 77, sind gefährdet.

Abseits der unfreiwilligen Verstrahlung werden derzeit aber Lebensmittel absichtlich radioaktiv bestrahlt, um sie etwa haltbarer zu machen oder Salmonellen abzutöten. Weltweit werden jährlich 100.000 Tonnen Lebensmittel bestrahlt - auch in der EU. Dort sind es Belgien, Frankreich, Italien, Niederlande, Polen und das Vereinigte Königreich, die diese Technik anwenden.