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Spitzensteuersatz soll bereits bei niedrigeren Einkommen einsetzen. | Touristenabgabe wird auf fünf Euro pro Nacht erhöht. | Besteuerung von Kapitalerträgen soll erhöht werden. | Rom. Der Konflikt zwischen den linken Gruppierungen in der Regierungskoalition und den liberal denkenden Oppositionsparteien spiegelt sich auch im ersten Budget Regierungschef Romano Prodi. Die Abstimmungen im Parlament über dieses Gesetz - die sogenannte "Finanziaria" - und zwar speziell im Senat, wo der Stimmenabstand zwischen Mitte-Links- und Mitte-Rechts-Bündnis gering ist, werden wohl spannend werden.
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Das Gesetz, dass ein Sparpaket im Ausmaß von 33,4 Mrd. Euro vorsieht, verändert das bisher geltende Steuersystem. So soll es etwa bei der Einkommensteuer wieder 5 Progressionsstufen geben: Die höchste Rate von früher 100.000-Euro Jahreseinkommen wird auf 75.000 herabgesetzt und mit 43 Prozent besteuert.
Die Gewerkschaften zeigen sich darüber zufrieden, das Netto-Einkommen bis 40.000 Euro begünstigt werden. Die Industriellenvereinigung hingegen stößt sich daran, dass die Abfertigungen von Angestellten zur Finanzierung der Sozialversicherung herangezogen werden sollen.
Außerdem steigt die Besteuerung von Wertpapiererträgen von derzeit 12.5 auf 20 Prozent, während die Zinsbesteuerung von Bankguthaben von 27% auf 20% herabgesetzt wird. KFZ-Steuern werden angehoben, eigene Zuschläge für benzinfressende Geländewagen werden eingeführt. Dienstwagen sind nicht mehr abschreibbar.
Scharfe Sanktionen
Freie Berufe, kleinere Unternehmen, Handwerker und Geschäftsleute werden nächstes Jahr zusätzlich 3,2 Mrd. in die Staatskassen zahlen. Geschäfte oder Kaffeehäuser, die keine Kassenbelege an die Finanz übermitteln, riskieren damit eine amtlich verordnete Schließung.
Bei Notfallaufnahmen in Spitälern werden Gebühren bis zu 40 Euro verlangt, was bewirken soll, dass die Leute nicht wegen jeder Kleinigkeit in die Krankenhäuser gehen. Die Aufenthaltsabgaben für Touristen könnten auf 5 Euro pro Nacht steigen, was allerdings die Vertreter von Fremdenverkehrsorganisationen auf die Barrikaden treibt.
Auch die Bürgermeister, die aus allen politischen Lagern stammen, sind sich einig, dass sie das Budget in seiner derzeitigen Form nicht annehmen können. Ihre Bezüge sollen um 4Mrd. Euro gekürzt werden. Die Regierung zeigt sich in diesem Punkt verhandlungsbereit.
Die Bürgermeister sind nicht die einzigen, die eine Verringerung ihres Einkommens hinnehmen müssen. Regierungschef Romano Prodi will mit gutem Beispiel vorangehen und kürzt sein eigenes Gehalt um 30 Prozent, ebenso wie das aller Minister und Staatssekretäre. Für Prodi bedeutet das einen jährlichen Einkommensverlust von 36.901 Euro, seine Minister verlieren etwa 24.000 Euro pro Jahr.
Besonders stark wirken sich die Steuerpläne auf Immobilien aus: Die Besteuerung soll sich künftig nicht mehr wie bisher nach der Anzahl der Räume sondern nach der Fläche richten. Das wirkt sich auch auf die Abgaben bei einer Erbschaft aus. Vizeministerpräsident Francesco Rutelli will aber keinesfalls von einer Erbschaftssteuer sprechen: Es handle sich nur um Gebühren bei Erbschaft und Schenkung, je nach Verwandtschaftsgrad.
Das Sparen geht so weit, dass man in den Schulen jeden zehnten Durchgefallenen trotzdem in die nächste Klasse aufsteigen lassen will. Die Logik dahinter: Weniger Nachsitzer brauchen weniger Klassen, Professoren und Schuldiener.
Das Siebente Gebot
Der frühere Finanzminister Giulio Tremonti wehrt sich dagegen, dass man ihm den schwarzen Peter für die hohen Budget-Defizite der Vergangenheit zuschiebt, dabei aber vergisst, dass jetzt 25 Mrd. Euro an Steuergeldern beim Fiskus eingegangen sind, die seiner Steuerpolitik zu verdanken seien. Finanzminister Padoa Schioppa erklärt sich hingegen befriedigt, dass der "Patient Italien nun aus der Intensivstation entlassen wurde".
Er warnt übrigens auch alle Steuerhinterzieher - auf typisch italienische Art: Deren Verhalten sei eine Sünde, weil sie gegen das Siebente Gebot ("Du sollst nicht stehlen") verstoßen.