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Italienisches Chaos um Sparpläne

Von Rainer Mayerhofer

Europaarchiv

Berlusconis Regierung will 45 Milliarden Euro einsparen.
| Solidaritätsabgabe, Steuern auf Börsengewinne.
| Weniger Feiertage und weniger Kündigungsschutz.


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Rom. Italiens Premier Silvio Berlusconi hat am Freitagabend in einer Sondersitzung seines Kabinetts die Notverordnung mit Maßnahmen zur Bewältigung der Finanzkrise durchgepeitscht. Zuvor hatte es selbst in seinen eigenen Reihen wachsenden Unmut über die geplanten Sparmaßnahmen gegeben. Koalitionspartner Umberto Bossi von der Lega Nord hatte sich strikt gegen Kürzungen bei den Kleinpensionen ausgesprochen und vor der Kabinettssitzung gemeint, es werde sich eine Linie der Klugheit in dieser Frage durchsetzen. Berlusconi selbst war sich mit seinem Finanzminister Giulio Tremonti über die Wiedereinführung der von Berlusconi 2008 abgeschafften Immobilkiensteuer und die stärkere Besteuerung von Kapitalerträgen und Börsengewinnen uneinig.

Das Sparpakt der Regierung sieht unter anderem Einkommenskürzungen bei Staatsbeamten, eine Anhebung des Pensionsalters , ein verschärftes Vorgehen gegen Steuerhinterziehung, die Erhöhung der Steuern auf Börsengewinne von 12,5 auf 20 Prozent und eine Solidaritätsabgabe für jährliche Einkommen über 90.000 Euro vor, und zwar 5 Prozent für die Beträge, die 90.000 Euro übersteigen und 10 Prozent für Beträge über 150.000 Euro.

Weiters sollen die Arbeitnehmerrechte und der Kündigungsschutz eingeschränkt werden und staatliche Feiertage wie der 1. Mai, der 25. April (Tag der Befreiung) und der Nationalfeiertag am 2. Juni auf den darauffolgenden Sonntag verlegt werden. Außerdem sollen die Privatisierung der Wasser-und Stromversorgungsgesellschaften Mittel zur Budgetentlastung einbringen.

Die Einsparungen sollen im kommenden Jahr 20 Milliarden Euro bringen und im Jahr 2013 noch einmal 25 Milliarden.

Sowohl Opposition als auch der Industriellenverband bezweifelen, dass die von der Regierung geplanten Maßnahmen wirklich die angegebenen Einsparungen bringen werden. Die Absicht der Regierung Berlusconi, das Nulldefizit in der Verfassung festzuschreiben, wird von vielen als Versuch gewertet, mit der Verfassung die Sozialgesetzgebung auszuhebeln.

Im Internet wächst indessen die Wut auf die Regierenden: "Ihr habt uns drei Jahre lange angelogen und jetzt wollt ihr unsere Einkommen kürzen" ist der Tenor und der Ruf nach einem Generalstreik und dem Rücktritt Berlusconis wird immer lauter.

Loren statt Probleme

Berlusconi selbst soll in den letzten Tagen trotz Schulden- und Finanzkrise mehrere Regierungstermine abgesagt haben, um mit seiner Lieblingsschauspielerin Sofia Loren in seiner Luxusvilla auf Sardinien zu speisen.