Berlusconi bekräftigt in Facebook, dass er nicht daran denkt, aufzugeben.
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Rom. Italiens Regierungschef Enrico Letta, der heute, Mittwoch, in Wien mit Bundeskanzler Werner Faymann zusammentreffen wird, drängt angesichts der Neuwahldrohungen Silvio Berlusconis auf eine rasche Verabschiedung der Wahlrechtsreform. Schon im Oktober soll das Abgeordnetenhaus die Reform verabschieden, kündigte Letta am Wochenende beim Meeting der katholischen Bewegung Comunione e Liberazione in Rimini an.
Zwischen Berlusconis Partei PdL und der demokratischen Partei (PD) gibt es in der Frage des Wahlrechts noch immer entscheidende Differenzen. Während die PD ein Wahlrecht mit zwei Wahlgängen oder eine Rückkehr zum alten Wahlrecht anstrebt, nach dem 75 Prozent der Sitze in Einerwahlkreisen vergeben werden und die restlichen 25 Prozent nach dem proportionalen Prinzip, ist Berlusconis Partei für die Beibehaltung des derzeitigen Wahlrechts und höchstens zu einer Anhebung des Prozentsatzes bereit, der notwendig ist, um den Mehrheitsbonus zu erlangen.
Letta unterstrich in seiner Rede in Rimini auch, dass Italien gute Chancen habe, aus der Krise herauszukommen und dass niemand diesen Weg der Hoffnung unterbrechen dürfe. Der Ausweg aus der Krise liege in Reichweite und die Italiener würden alle jene bestrafen, die private Interessen denen der Allgemeinheit voranstellen.
Diese Mahnung Lettas ist sowohl an die Adresse Silvio Berlusconis gerichtet, der nach seiner Verurteilung durch das Höchstgericht seit Tagen mit dem Bruch der Regierungskoalition und Neuwahlen droht, aber auch an Politiker aus den eigenen Reihen, die die Aufkündigung des Bündnisses mit einem Steuerbetrüger fordern. So hatte unter anderen etwa die frühere PD-Parteipräsidentin Rosy Bindi jüngst gemeint, Berlusconi solle auf ein Amt in der Politik verzichten und dann Staatspräsident Giorgio Napolitano um Gnade bitten.
Berlusconi, dem die Aberkennung seines Senatssitzes droht, ist aber keineswegs bereit, zurückzustecken. "Die PD hat sich entschlossen, mich aus der Politik zu verdrängen, aber Letta soll wissen, dass er mit mir stürzt", drohte Berlusconi aus einer Luxusresidenz in Arcore, wo er sich bereits aus Neuwahlen vorbereitet. Via Facebook versicherte er seinen Anhängern am Dienstag neuerlich: "Ich werde Widerstand leisten! Ich gebe nicht auf. Seid unbesorgt, ich werde nicht beiseitetreten, ich werde weiterhin Chef der Mitte-Rechts-Bewegung bleiben. Bis zuletzt werde ich im Interesse des Landes und der Italiener wirken."
In Berlusconis Partei mehren sich unterdessen die Stimmen jener, die betonen, dass die Probleme des früheren Regierungschefs nicht durch einen Gnadenakt des Präsidenten gelöst werden können, sondern auf parlamentarischer Ebene beigelegt werden müssen. So wird immer wieder das Ende Dezember 2012 beschlossene sogenannte Severino-Gesetz infrage gestellt, das bei Verurteilungen zu mehr als zwei Jahren Haft eine sechsjährige Nichtwählbarkeit ins Parlament vorsieht. Ex-Minister Gianfranco Rotondi stellte erneut die Massendemission von PdL-Parlamentariern zur Debatte, falls Berlusconi sein Mandat aberkannt wird, wurde aber umgehend vom PDL Fraktionschef im Senat, Renato Schifani, zurückgepfiffen, der aber auch das Severino-Gesetz vom Verfassungsgerichtshof prüfen lassen will.