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Italiens Premier tobt: "Richter sind alle Kommunisten"

Von WZ-Korrespondent Wolf H. Wagner

Europaarchiv

Urteil gegen Anwalt bringt Berlusconi in Bredouille. | Florenz. Das Berufungsgericht in Mailand hat das erstinstanzliche Urteil gegen den britischen Anwalt David Mills bestätigt. Mills war im Februar wegen Falschaussage zugunsten Berlusconis Imperium Fininvest zu viereinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Das Gericht hatte es als erwiesen angesehen, dass Mills in zwei Korruptionsverfahren 1997 und 1998 gegen Silvio Berlusconi falsche Angaben gemacht habe, um "Strafe von Silvio Berlusconi und der Gruppe Fininvest abzuwenden oder um zumindest die beachtlichen realisierten Gewinne zu verteidigen".


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Dafür habe ihm Berlusconi 600.000 Dollar gezahlt. Nach italienischem Recht hat sich aber nicht nur der Empfänger, sondern auch der Zahlende strafbar gemacht.

Das Berufungsverfahren ist in für italienische Verhältnisse beachtlich kurzer Frist durchgezogen worden. Nun wollen die Anwälte Mills ein Kassationsverfahren anstreben, um Zeit zu gewinnen. Denn parallel läuft die Verjährungsfrist: Die Zahlungen an Mills wurden 2000 geleistet, 2010 wäre dann der Vorwurf der Bestechlichkeit gegen Berlusconi verjährt. Berlusconi ist in diesem Zusammenhang nicht mit verurteilt worden, weil das umstrittene Alfano-Gesetz ihm Immunität verschaffte. Nachdem die Verfassungsrichter dieses Gesetz vor kurzem als verfassungswidrig verworfen hatten, sind nun die Rechtswege auch gegen den Cavaliere wieder offen.

Berlusconi reagierte auf den Spruch des Appellationsgericht mit schäumender Wut: "Die Richter sind alles Kommunisten", tobte er während einer Zuschaltung zur Polittalkshow "Ballarò" am Dienstagabend. Und wiederholte seine Justiz- und Medienschelte. Alle Staatsanwälte seien Linke, wie auch die Journalisten der öffentlich-rechtlichen Medien alles Linke seien, deren vornehmste Aufgabe darin bestünde, die Regierung - und vor allem ihn - zu kritisieren und zu beschimpfen. Scharfe Reaktionen kamen daraufhin aus Mailand. "Wenn unsere Roben rot sind, dann sind sie es von dem Blut derjenigen Staatsanwälte, die sich für Recht und Wahrung der Verfassung in diesem Lande mit ihrem Leben eingesetzt haben, angefangen von Flacone und Borsellino", empörte sich der Mailänder Staatsanwalt Alfredo Robledo über die Angriffe Berlusconis.

Seitens des Premiers ist es momentan nicht besonders klug, die Staatsanwaltschaften zu reizen. Denn nach der Verurteilung von Mills sollen nun zwei noch offenen Verfahren gegen Berlusconi wieder aufgenommen werden. Verhandelt wird wegen Steuerhinterziehung und Unterschlagung.