Prodi verbindet Ministeriumsgesetz mit Vertrauensvotum. | 14 Parteien wollen zufriedengestellt sein. | Rom. Die Regierung Prodi wird auf 102 Mitglieder aufgestockt. Das ist ein einmaliger Rekord für eine Exekutive in der heuer 60-jährigen Geschichte der italienischen Republik.
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Am Montag hat die Debatte über das Ministeriengesetz im Senat begonnen. Dort wird vermutlich am 27. Juni, im Abgeordnetenhaus am 5. Juli, darüber abgestimmt. Weil die Opposition um Silvio Berlusconi rund 400 Abänderungsanträge gestellt hat und der Text auch in den eigenen Reihen nicht unumstritten ist, verbindet Romano Prodi die Abstimmung mit einem Vertrauensvotum.
Der Ministerpräsident musste alle 14 Parteien seiner Koalition befriedigen und somit Prestige-Posten für weitere Vizeminister und Staatssekretäre kreieren, kritisiert die Opposition. Erst jetzt sei die Regierung laut Staatssekretär Enrico Letta voll und konkret in Kraft getreten. Bei der Opposition löste diese Aufstockung Empörung und Ironie aus, wegen der von Romano Prodi ursprünglich angekündigten und jetzt nicht eingehaltenen Mäßigkeit und Sparsamkeit. Aber auch in den Reihen der Regierung zeigt man sich äußerst irritiert. Beispielsweise will der "technische" Wirtschaftsminister, Tommaso Padoa-Schioppa, dem bereits zwei Vizeminister und fünf Staatssekretäre zugeteilt waren, seinen neuen sechsten Staatssekretär zumindest selbst aussuchen.
Man streitet sich um die Kompetenzen, da es mehr Regierungsmitglieder als Tätigkeitsbereiche gibt. Der Minister für Soziale Solidarität, Paolo Ferrero (Rifondazione Comunista) will auch für Familie und Jugend verantwortlich sein und so muss Familienministerin Rosy Bindi (Margherita=Mittelinks) ihre Zuständigkeit für die Jugend mit Ferrero teilen. Die Ministerin für Sportliche Aktivitäten, Giovanna Melandri (Linksdemokrat=Exkommunist), wollte ihrerseits auch Kompetenz für Zivildienst und Jugend haben, musste aber kapitulieren und soll Romano Prodi aufgefordert haben, ihrem Ministerium mehr Inhalt zu geben.
Eine Zweiteilung der Kompetenzen fand auch bei dem heiklen Thema der Zivil-Ehen statt, zwischen Rosy Bindi und der Ministerin für Gleiche Möglichkeiten, Barbara Pollastrini (Rifondazione Comunista).
Pollastrini hat gemeinsam mit Ferrero vergangenen Samstag an der imposanten Gay Pride Parade im Stadtzentrum von Turin teil, nachdem sie den Organisatoren dieser Veranstaltung versprochen hatte, eine Gesetzgebung für Homo-Ehen zu präsentieren. Dies brachte ihr sofort eine Ermahnung Prodis ein. Übrigens hat der Präsident der Abgeordnetenkammer, Fausto Bertinotti (Rifondazione Comunista) die Manifestation, an der 50.000 Menschen teilnahmen, öffentlich gut geheißen.
Am Montag sollte eine neue kommunistische Partei von einem Trotzkisten, ein Professor der Philosophie namens Marco Ferrando, gegründet werden, die sich von PRC (Rifondazione Comunista) abspalteten, da sie es ablehnen in der Regierung zu sein und sie Bertinotti für zu weit rechts stehend halten.