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Nicht der Irak-Krieg und das Debakel, das die USA dort gerade erleiden, nicht das enorme Budgetdefizit und Arbeitslosigkeit, sondern die moralischen Werte haben die amerikanische Präsidentenwahl entschieden, stellen Analysten fest. Als Beispiel führen sie die Ergebnisse von Pennsylvania und Ohio an, die etwa die gleiche Wählerstruktur und die gleichen Probleme haben. In Pennsylvania punktete Kerry, in Ohio Bush, weil in diesem Bundesstaat gleichzeitig ein Referendum gegen Lebensgemeinschaften für Homosexuelle abgehalten wurde.
Referenden gegen die Homosexuellenehe hatten in allen elf Bundesstaaten, wo sie angesetzt waren, Erfolg. Konservative Gruppen fordern nun Verfassungsänderungen auf Landesebene. Mit seiner Forderung nach einer entsprechenden Verfassungsänderung auf Bundesebene war Präsident Bush im Frühjahr im Senat gescheitert, hatte sich aber offensichtlich entscheidende Punkte für die Wahl gesichert. Da half es Kerry nichts, dass er auch gegen die Homosexuellenehe auftrat, die Materie aber durch die Bundesstaaten regeln lassen will. 78 Prozent der homo- und bisexuellen Amerikaner wählten zwar Kerry und nur 21 Prozent Bush, aber der amerikanische Durchschnittswähler ist Hetero, Protestant und weiß und in letzen beiden Gruppen hatte Bush nach den Wahlanalysen klare Mehrheiten von 56 bzw. 55 Prozent.
In einem Amerika, in dem die religiösen Fundamentalisten immer stärkeres Gewicht bekommen und finanziell den Republikanern unter die Arme greifen, hat ein liberaler Kandidat wenig Chancen, und wenn er noch so oft am Sonntag in die Kirche geht.
Die ersten Äußerungen neugewählter republikanischer Senatoren lassen erkennen, wohin die Richtung gehen soll. So forderte etwa Tom Coburn, der neue Senator von Oklahoma, die Todesstrafe für Leute, die Abtreibungen durchführen und warnte vor einem "weit verbreiteten Lesbianismus" in den Schulen seines Heimatstaates. Der neue Senator von South Carolina, Jim DeMint, forderte ein Berufsverbot für Homosexuelle und unverheiratete Mütter an öfentlichen Schulen. Als Vater wolle er nicht, dass Kinder Lehrer hätten, die kein "moralisches Vorbild" böten. Das mögen vorerst einzelne Stimmen sein, aber sie stellen nur die Spitzen eines Eisbergs dar.
In Europa wurde der italienische Minister Rocco Buttiglione wegen ähnlicher Aussagen nicht EU-Kommissar, in den USA würde er derzeit beste Chancen auf ein hohes Amt haben.
Noch herrscht im Obersten Gerichtshof ein fragiles Mehrheitsverhältnis, das etwa das Recht auf Abtreibung sichert, aber George W. Bush könnte in seiner zweiten Amztszeit mehrere neue Höchstrichter ernennen und eine stabile ultrakonservative Mehrheit des Höchstgerichts zementieren, die noch lange nach seinem Abtritt die gesellschaftlichen Verhältnisse in den USA bestimmt.