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"Ja, aber" ist das neue "Nein"

Von Walter Hämmerle

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"Njet" zu sagen, das muss man sich auch in der Politik erst einmal leisten können. In der Regel gilt das nur für Kaiser und Bettler. Der große Rest ist zum "Ja, aber" verdammt.


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Gegen etwas zu sein, erscheint manchen als die allereinfachste Übung in der Politik. Ein übles Vorurteil, mit dem an dieser Stelle aufgeräumt werden soll.

Tatsächlich gibt es nur zwei Arten von Politikern, denen ein - sei es ein gehauchtes oder ein gebrülltes - "Njet" leicht über die Lippen kommt: den Have-alls und den Have-nots, also quasi den Kaisern und den Bettlern in der heimischen Innenpolitik. Zustände dieser Art sind dabei keineswegs ausschließlich eine Frage objektiver Machtverhältnisse, mitunter genügt auch schon ein durch langjähriges Gewohnheitsrecht erworbenes Gefühl subjektiver Omnipotenz.

Ein Beispiel: Die Wiener SPÖ ist in ihrem eigenen Reich ein gefühlter Kaiser, war es immer schon, obwohl eigentlich ohne eigene politische Mehrheit in der Bundeshauptstadt. Und dennoch fällt es den Grünen, mitunter selbst noch im Bewusstsein ihres langjährigen Bettlerzustands gefangen, unendlich schwer, Michael Häupl und Co dieses simple Faktum bewusst zu machen.

Oder die FPÖ, derzeit ja das seltene Exemplar einer Bettlerpartei, die alles, was sie an Posten und Pöstchen einmal hatte, längst wieder abgeben musste, sich derzeit aber gerade mit dem Gedanken anfreundet, demnächst das große Sagen zu haben. Tatsächlich sprudeln aus Heinz-Christian Strache die "Neins" nur so heraus - zur Griechenlandhilfe, zu den EU-Beitrittszahlungen, zur Gesamtschule, zur Homo-Ehe, zur Zuwanderung, zur Berufsarmee, zu Alexander Wrabetz, zur SPÖ, zur ÖVP und zu den Grünen sowieso (nur zum BZÖ nicht, zu den Orangen sagen die Blauen nämlich prinzipiell gar nichts).

Wenn allerdings eigene Schäfchen im Regen stehen gelassen zu werden drohen, dann wird ein forsches "Nein" ganz schnell zu einem kleinlauten "Vielleicht". Beispielsweise beim ORF, wo die Bundes-FPÖ sich längst auf ein "Nein" zu Alexander Wrabetz festgelegt hat, die mit den Blauen verbundenen Kärntner Freiheitlichen allerdings in diesem Fall um die Lufthoheit für ihr Landesstudio bangen und entsprechend mit der Zustimmung zum ORF-General liebäugeln. Auch wer wenig hat, gibt ungern davon etwas ab - was in dieser Frage natürlich auch für Grüne und BZÖ Gültigkeit hat.

Womit wir auch schon bei SPÖ und ÖVP angelangt sind, beide wahrlich keine Kaiser mehr und natürlich auch, zumindest noch, keine Bettler.

Beider Koalitionsparteien liebste Wortkombination ist seit Jahren ein entschlossenes "Ja, aber". "Ja" zur größten Schulreform aller Zeiten, zur Verwaltungsreform sowieso, detto zur Steuer-, Uni-, Demokratie-, Gesundheits-, Bundesheers-, Justiz-, Finanzausgleichs-, Familien-, Gleichstellungs- und was es in diesem Land noch alles an Reformen geben mag. Das zeugt schließlich von Tatkraft und Führungsstärke, hat nämlich irgendjemand irgendwann einmal behauptet.

Was dann folgt, ist - mitunter erst nach einer Nachdenkpause wie aktuell gerade bei der ewig jungen Aufstiegsfrage mit Fünfern - ein "Aber", welches das zuvor verfügte "Ja" zur Marginalie degradiert. "Ja, aber" heißt in der Politik in aller Regel "Sicher nicht", vor allem, wenn es die öffentlichen Umstände aus Imagegründen verbieten, zum simplen "Njet" zu greifen.

Zumal ja auch ein "Nein" ganz unnötig viele Türen auf gänzlich anderen Baustellen zuhaut und wo das "Ja" zu Änderungen für einmal ernst gemeint ist und der Koalitionspartner das angehängte "Aber" betont.

"Ja, aber" ist der wirkliche Fluch der Politik. Weil auf diese Weise alles mit allem zusammenhängt - und genau deshalb nichts weitergeht.