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"Ja, die Grünen wollen regieren"

Von Brigitte Pechar

Politik

Die Grünen seien eine "linksliberale, grüne, antimilitaristische Partei", beschrieb Bundessprecher Alexander Van der Bellen am Sonntag in der Fernseh-"Pressestunde" das Projekt. Und er machte klar, dass seine Partei eine Regierungsbeteiligung anstrebt: "Ja, wir wollen regieren. Wir wollen uns nicht auf Dauer in der Opposition pragmatisieren lassen." Handlungsbedarf sieht der Grünen-Chef bei den Abfangjägern. Vor einer Entscheidung wünscht er sich eine Volksabstimmung, denn: "Bei der Beschaffung von Abfangjägern zeichnet sich ein militärisches Zwentendorf erster Ordnung ab."


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Wichtig sei, dass sich bei den nächsten Nationalratswahlen die Parlamentsmehrheit ändere, dass es eine rot-grüne Mehrheit gebe. Eine Mehrheit mit der ÖVP sei unwahrscheinlich. Es gebe mit einigen Persönlichkeiten der SPÖ eine ausgezeichnete Gesprächsbasis. Aber Van der Bellen ortet in der SPÖ auch noch Tendenzen nach einer "Rückkehr zum abgetakelten Modell Rot-Schwarz". Für die Grünen wäre eine Regierungsbeteiligung "ein Kulturschock", gestand Van der Bellen. Um aber Fehler wie sie die FPÖ mache zu vermeiden, bereite man sich intern gründlich auf eine Regierungsbeteiligung vor. Betriebswirtschaftlich gesprochen strebt der Ökonom eine Markterweiterung an. Er will vor allem christlichsoziale Wähler der ÖVP, liberale der SPÖ und Ältere gewinnen.

Die größten Differenzen mit der SPÖ sieht Van der Bellen in der Minderheitenpolitik. Er machte klar, dass die Grünen eine eigenständige Politik betreiben: "Wir sind nicht das Beiwagerl, der kleine Bruder oder der Großneffe der SPÖ." Klar sei aber auch, dass die ÖVP durch ihre Zusammenarbeit mit der FPÖ "Farbe abgekriegt" habe. Mittelfristig komme für die Grünen aber auch die ÖVP als Partner in Frage.

Insgesamt sei es so, dass der Planungshorizont in der Politik sich auf zehn bis 20 Jahre erweitert habe. So müsse man etwa die Pensionen, die Treibhauspolitik, aber auch die Frage, wie viele Kinder wir haben, betrachten. Das Kindergeld etwa habe positive Seiten, gestand Van der Bellen, nämlich die Ausweitung auf alle. Es fördere aber den Totalausstieg aus dem Erwerbsleben. Daher müsse man einen Rechtsanspruch auf Teilzeitkarenz schaffen, Kinderbetreuungseinrichtungen ausbauen und Maßnahmen im Pensionsrecht mit einer Grundsicherung im Alter schaffen. Zurücknehmen würden die Grünen das Kindergeld nicht, aber modifizieren.

Laut einer vom ORF veröffentlichten Umfrage sind 89 Prozent der Grün-Wähler, 81 Prozent der SPÖ-Wähler, 73 Prozent der FPÖ-Wähler und 64 Prozent der ÖVP-Wähler gegen die Anschaffung von Abfangjägern. Das politische Umfeld in Europa habe sich geändert, die EU werde in fünf Jahren anders ausschauen als jetzt, traditionelle Panzerarmeen würden nicht mehr gebraucht. Daher bestehe bei den Abfangjägern politischer Handlungsbedarf. Die Regierung solle nun verhandeln, damit klar sei, worüber man rede. Dann sollte eine Volksabstimmung über den Ankauf entscheiden. Denn Van der Bellen sieht hier ein militärisches Zwentendorf heranreifen. Damals habe man Milliarden Schilling in den Sand gesetzt: "Muss man den gleichen Fehler ein zweites Mal machen?"

SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Andrea Kuntzl meinte in ihrer Reaktion: "Die Konturen eines grünen Regierungsprogramms sind nach wie vor ziemlich unscharf". FPÖ-Bundessprecher Karl Schweitzer sagte, "die Menschen hätten ein Recht auf klare Antworten". Für ÖVP-Generalsekretärin Maria Rauch-Kallat ist "bei aller Verschleierungstaktik" klar: "Wer die Grünen stärkt, spricht sich damit für einen Kurswechsel zu Rot-Grün aus".