Basescu fordert EU-Lösung für Roma und verspricht Kampf gegen Korruption.
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Die Wirtschaftskrise hat Rumänien hart getroffen, ein 20-Milliarden-Euro-Kredit von Währungsfonds, EU und Weltbank hat zur Stabilisierung beigetragen. Im Gegenzug muss das Land einen harten Sparkurs fahren und den überdimensionierten und ineffizienten Staatssektor reformieren.
Österreich ist mit 10 Milliarden Euro zweitgrößter Investor hinter den Niederlanden und vor Deutschland. Insgesamt gibt es 6538 rumänische Unternehmen mit österreichischem Kapital, etwa 1000 österreichische Firmen sind vor Ort. Heimische Unternehmen sind Marktführer bei Banken, Versicherungen, Öl/Gas/Erneuerbare Energie, Holzverarbeitung, Papier, Bau und Transport.
"Wiener Zeitung": "Kaum regierbar" - so beschreibt der deutsche EU-Kommissar Günther Oettinger Ihr Land, Rumänien. Was antworten Sie ihm?Traian Basescu: Vielleicht glaubt Herr Oettinger, dass er Kommissar für Afrika ist. Ein EU-Mitgliedsstaat kann nicht unregierbar sein. Natürlich haben wir Probleme, etwa bei Korruption, das haben wir auch nie bestritten. Aber Korruption ist sicher kein rein rumänisches Problem, das soll es ja auch in anderen Ländern geben. Wenn EU-Kommissionspräsident Barroso behauptet, mit den Geldern, die in der Union pro Jahr in Korruption fließen, der EU-Haushalt für sieben Jahre finanziert werden könnte, stehen wir sicher nicht allein da. Viel wichtiger ist aber ohnehin die Frage, was wir tun, um Korruption effizient zu bekämpfen.
Wo wollen Sie den Hebel ansetzen?
Anfang 2014 werden ein neues Zivil- und Strafgesetzbuch in Kraft treten, ab dann können wir nicht nur effizienter, sondern auch rascher gegen die Korruption vorgehen. Wir haben aber auch jetzt schon konkrete Erfolge vorzuzeigen: Ein Ex-Premier wurde zu zwei Jahren Haft verurteilt, ein ehemaliger Landwirtschaftsminister zu sechs Jahren, ein Ex-Finanzminister zu fünf Jahren und etliche weitere Politiker wurden rechtskräftig verurteilt.
Destabilisierend auf das Land wirkt sich auch der erbitterte Machtkampf aus, der zwischen Ihnen und dem linken Premier Victor Ponta ausgetragen wird. Nach einigen Monaten relativer Ruhe droht nun wieder Eskalation.
Woher haben Sie diesen Eindruck? Das Ganze ist ein Missverständnis. Es existiert ein Arbeitsübereinkommen mit der Regierung und dieses funktioniert perfekt. Was es gibt, ist eine Debatte über eine Verfassungsreform, diese Auseinandersetzung trage ich mit dem Parlament aus und dabei geht es nach den demokratischen Spielregeln, weshalb ich in dieser Frage ein Referendum organisieren werde. Die Bürger können dann zwischen den Vorschlägen des Präsidenten und des Parlaments entscheiden.
Wie würden Sie Ihr Verhältnis zu Premier Ponta charakterisieren? Immerhin hat er vergangenes Jahr versucht, Sie per Volksabstimmung abzusetzen, was nur an der geringen Wahlbeteiligung gescheitert ist.
Wir haben eine rein institutionelle Beziehung.
Also kein Bier unter Männern? Immerhin erschüttert dieser Konflikt auch das Vertrauen der Investoren.
Sie sind nicht gut informiert. Es gibt, und das meine ich sehr ernst, keinen Konflikt zwischen mir und dem Premier.
Die EU hat, auf Betreiben Deutschlands, auch Österreichs, den Beitritt Rumäniens zum Schengen-Raum verschoben. Fühlen Sie sich ungerecht behandelt?
Nein. Wir müssen unsere Verpflichtungen erfüllen. Beim EU-Gipfel im Juni 2012 wurde entschieden, im Herbst eine Entscheidung zu treffen. Damit waren alle Staaten einverstanden. Leider ist dann im Juli die Sache mit dem Putsch von Premier Ponta aufgekommen. Wäre das nicht passiert, wäre Rumänien bereits Schengen-Mitglied.
Der deutsche Innenminister macht dafür die "Armutszuwanderung" verantwortlich, die auf die Sozialhilfe in Deutschland abziele.
Auf solche Aussagen gebe ich nichts. Wir werden auch in Zukunft mit Wirtschaftsmigration aus Rumänien leben müssen, dafür sind einfach die Unterschiede beim Wohlstand zu groß. Doch das hat mit Schengen nichts zu tun, hier geht es ausschließlich um die Einhaltung von eingegangenen Verpflichtungen.
Wann wird Rumänien Schengen-Mitglied sein?
Ich rechne mit unserem Beitritt per April 2014.
Die Diskriminierung der Roma sorgt immer wieder für Kritik bei Menschenrechtsorganisationen.
Wenn wir ehrlich sind, ist dies das Hauptthema bei allen Migrationsfragen, die Rumänien betreffen. Es gibt praktisch keine Probleme mit ausgewanderten Rumänen, die ganze Debatte dreht sich um die Wirtschaftsmigration der Roma. Doch das trauen sich die westlichen Staaten nicht zu sagen, deshalb sprechen sie lieber über Probleme mit rumänischen Zuwanderern. Wir werden erst dann weiterkommen, wenn wir offen eingestehen: Ja, die Roma-Minderheit verursacht Probleme, und wir müssen diese lösen.
Wie?
In Partnerschaft mit jenen Staaten, die Roma aufnehmen. Dazu gehört, dass alle Beteiligten anerkennen, dass Rumänien es seinen Roma nicht verbieten kann, das Land zu verlassen. Und wir müssen akzeptieren, dass wir leider keine nachhaltigen Lösungen für die Elterngeneration anbieten können; was wir leisten können und müssen, ist, zumindest der Jugend eine bessere Perspektive zu eröffnen. Wir sind bereit, Lehrerpersonal in jene Länder zu schicken, wo sich die Roma angesiedelt haben - in Rumänien machen wir das bereits. Wir brauchen eine europäische Lösung - es gab ja Länder, die die Roma einfach in ein Flugzeug nach Rumänien gesteckt haben. Eine Woche später waren sie zurück.
Vielleicht, weil die Roma in Rumänien starker Diskriminierung ausgesetzt und nicht als vollwertige Bürger akzeptiert sind?
Seien wir ehrlich: Ja, es gibt Fälle, wo Roma diskriminiert werden, das ist leider eine Tatsache. Zwar hindert niemand die Roma daran, zur Arbeit zu gehen, auch haben wir spezielle Bildungsprogramme für die Kinder und Jugendliche. Allerdings nehmen nicht alle Roma diese Angebote auch an und deshalb werden sie oft von lokalen Gemeinschaften abgewiesen.
Schätzungen zufolge haben in den vergangenen Jahren zwei Millionen Bürger das Land verlassen. Welche Folgen hat dieser "Brain drain"?
Das ist ein enormer Verlust, nach unseren Statistiken leben sogar 3,5 Millionen Rumänen in den übrigen EU-Staaten. Dazu gehören viele Ärzte, IT-Spezialisten, Architekten und Ingenieure. Frankreich etwa wirbt um rumänische Mediziner, Großbritannien detto, Deutschland holt tausende IT-Techniker. Hinzu kommt, dass die meisten unserer Auslandsstudenten nach ihrem Studium dort bleiben, weil die Gehälter und Lebensbedingungen besser sind. Seit einiger Zeit findet allerdings auch eine gewisse Rückwanderung aus Spanien, Italien, auch Frankreich statt.
Strebt Rumänien den Beitritt zur Eurozone an?
Wir wollen, dazu müssen wir aber gut vorbereitet sein. Derzeit erfüllen wir drei der fünf Maastricht-Kriterien, bei den verbleibenden zwei - Inflation und Verschuldung - verzeichnen wir Fortschritte. Die Krise hat uns allerdings eine Lektion erteilt: Alle Euro-Staaten mit mangelnder Wettbewerbsfähigkeit wurden durch sie besonders hart getroffen. Auch wir haben hier Probleme im staatlichen Bereich. Deshalb wollen wir in den kommenden zwei bis drei Jahren diesen Bereich grundlegend neu strukturieren, das betrifft insbesondere Energie, Eisenbahn und Straßeninfrastruktur. Ohne Reformen in diesen Bereichen werden wir nie wettbewerbsfähig. Vor der Krise wollten wir 2015 dem Euro beitreten, jetzt soll es 2017 so weit sein.
Arbeitslosigkeit zählt EU-weit zu den drängendsten Problemen. Ihr Vorschlag zur Abhilfe?
Wir sollten die teilweise enorm hohe Sozialhilfe, die in Europa bezahlt wird, reduzieren und die Mittel für Investitionen in Infrastruktur, Ausbildung und für kleine Unternehmen verwenden. Die Krise hat uns eines gelehrt: Wir brauchen statt einer Sozialunion eine Union der europäischen Wettbewerbsfähigkeit - nur so kann Wohlstand aufgebaut und gesichert werden.
Zur Person
Traian Basescu, geboren 1951 bei Constanta, stieg nach der Wende rasch zum hochrangigen konservativen Politiker auf. Der Ex-Bürgermeister von Bukarest ist seit Dezember 2004 Staatspräsident. Basescu ist verheiratet, seine Tochter Elena sitzt seit 2009 im EU-Parlament.