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Das Timing ist schon ein bisschen ungünstig. Eben wurde bekannt, dass Ikea in Saudi-Arabien einen Katalog veröffentlicht, der sich von dem unterscheidet, der etwa hierzulande zu sehen ist. Das ist bei Ikea besonders auffällig, weil sich bei Ikea sonst weltweit nichts unterscheidet. Billy sieht in Amerika so aus wie hier. Und am anderen Ende der Welt findet man, sollte man schon einmal in Vösendorf gewesen sein, sogar blind zu den Fleischbällchen, weil sogar die Architektur der Möbelmärkte quasi identisch ist. Aber eben nicht der Katalog: In dem findet man in Saudi-Arabien nämlich keine Frauen. Die wurden wegretuschiert.
Das kann man nun kulturelle Anpassung nennen, wie es Ikea tut, oder Zensur im vorauseilenden Gehorsam. Und das fand nun eben just in der "Banned Books Week" statt. Die veranstalten amerikanische Bibliotheken jährlich, um darauf hinzuweisen, dass noch immer nicht jeder das Konzept von der Freiheit der Kunst verstanden hat. In diesen Bibliotheken langen nämlich regelmäßig Beschwerden ein, die zum Ziel haben, bestimmte Bücher aus dem Bestand zu entfernen. Im vergangenen Jahr hatten es die Moralhüter etwa auf Gewalt in "Brave New World" abgesehen, oder auf Sex in "Gossip Girl" - Letzteres kennt man von der harmlosen TV-Serie, hierzulande im Nachmittagsprogramm gezeigt. Was kuriose Moralvorstellungen angeht, ist auf amerikanische Leser Verlass. So findet sich auf der Liste auch das Buch "My Mom’s Having A Baby! A Kid’s Month-by-Month Guide to Pregnancy". Stein des Anstoßes: Nacktheit und sexuelle Freizügigkeit.